FAQ
Wie ist das Wetter in Sambia?
Heiter bis wolkig.
Sambia hat drei Jahreszeiten:
Trockener und während der Nacht sehr kühler Winter (März bis Mitte August),
heißer, trockener Sommer (Mitte August bis Mitte November),
heiße Regenzeit (Mitte November bis März).
Ich bin also mitten im Winter gestartet. Tagsüber liegen die Temperaturen bei angenehmen 23-28 Grad. Sobald es aber dunkel wird (aufgrund der Nähe zum Äquator bereits ab 17:15 Uhr), wird es meist empfindlich kalt. Gut, dass ich meinen dicken Schlafsack im Gepäck hatte.
An manchen Tagen ziehen dicke schwarze Wolken vorbei – ich musste mich sehr daran gewöhnen, dass aus diesen Wolken – zumindest über Sambia - kein Regen fällt. Das Wetter wechselt teilweise in rasender Geschwindigkeit: War es eben noch dicht bewölkt, scheint jetzt schon wieder die Sonne (oder umgekehrt).
Was ich auch als recht sonderbar empfinde: Die Einheimischen tragen z.T. dicke Daunenjacken, Mütze und HANDSCHUHE!!! - auch wenn es draußen 25 Grad hat. Eben ein ganz anderes Temperaturempfinden.
Ich bin auf den Sommer gespannt, der sich aktuell ankündigt. Es soll brütend heiß werden. Einen Ventilator habe ich mir schon angeschafft, da man nachts keine Fenster auflassen sollte.
Ist Sambia sicher?
Generell Ja. Bei Sambia handelt es sich generell um ein sehr freundliches und aufgeschlossenes Land.
Vor allem in Kalomo. Hier gibt es kaum Kriminalität.
Anders sieht es in Lusaka und Livingstone aus: Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man nicht mehr (auch nicht in Gruppen) zu Fuß unterwegs sein, sondern sich ein offizielles Taxi rufen.
Das ist etwas, was ich mit am meisten vermisse: Mich, ohne darüber nachzudenken, frei auf der Straße – auch bei Dunkelheit – bewegen zu können.
Recht häufig kommen Einbrüche vor; gerade bei Expatriates, da man hier entsprechende Wertgegenstände in den Häusern vermutet.
Mir ist auch von „Armed Robberies“ berichtet worden. Nachts brechen bewaffnete Banden in Häuser ein und räumen alles aus, was nicht niet- und nagelfest ist. Leute, denen das passiert ist, sind danach ziemlich traumatisiert.
Taschendiebstähle kommen, vor allem in den größeren Städten, ebenfalls häufig vor. – Holzauge sei wachsam.
Was ich ebenfalls etwas befremdlich finde, ist die Tatsache, alle Fenster des Nachts schließen zu müssen.
Es kommt wohl häufig vor, dass Diebe mit Greifwerkzeugen Gegenstände durch offene Fenster entwenden.
Ich bin bereits zwei Mal nach Mitternacht von meinem Vermieter, der zufällig an meinem Haus vorbei kam, angerufen worden. „Christiane, Deine Fenstern sind noch geöffnet. Bitte schließe sie – es könnte sein, dass man Dir sonst etwas klaut.“. Ich habe darüber erst geschmunzelt. Als mir aber alle versichert haben, dass diese Art von Diebstahl häufig vorkommt, achte ich sehr darauf, vorm Schlafengehen alles zu schließen.
Und in der Tat habe ich mir schon ein paar Mal eingebildet, jemanden um mein Haus herum schleichen zu hören. Könnten aber auch die scharrenden Hühner gewesen sein. Ich habe mich bisher noch nicht getraut, aus dem Fenster zu schauen.
Es ist auch üblich, Außentüren/-gitter durch Vorhängeschlösser zu sichern. Hätte ich das mal vorher gewusst, hätte ich ein ordentliches Abus-Equipment aus Deutschland mitgebracht. So muss ich auf die recht teuren chinesischen „Best-Padlocks“ vertrauen…
…und als Frau?
…hatte ich bisher noch keine Probleme. Natürlich wird man von den Jungs hier angeflirtet, was bisher aber in keinster Weise anzüglich war. Da habe ich in Ehrenfeld schon andere Sachen erlebt.
Man muss sich natürlich daran gewöhnen, dass man als Weiße immer auffällt und auch immer hemmungslos – ob von Frauen, Kindern oder Männern – angestarrt wird. Gerade wenn ich durchs Feld jogge oder mit dem Fahrrad unterwegs bin.
Das liegt aber daran, dass ich hier wirklich ein Exot bin und alle einfach nur sehr interessiert an meinen Verhaltensweisen und meinem Outfit.
Auch in Bussen und alleine unterwegs in den Städten hatte ich bisher keine Probleme.
Was zieht man da unten so an?
Kommt darauf an, wo man unterwegs ist.
Meine Kollegen tragen ganz normales Business-Outfit und legen großen Wert auf korrekte Kleidung. Die Mädels sind sehr chic und modern gekleidet.
Mittlerweile hat sich auch der Rest Kalomos daran gewöhnt, dass ich kurze Hosen und Röcke trage, die nicht bis auf den Knöchel reichen.
Wenn ich in den Dörfern unterwegs bin, trage ich immer eine lange Hose oder werfe mir ein „Chitenge“, ein langes Tuch, um die Hüften.
Alles unterhalb des Bauchnabels gilt als „Tabuzone“. Was „obenrum“ passiert, interessiert niemanden mehr. Gerade ländliche Frauen stillen barbusig in aller Öffentlichkeit und tragen auch selten einen BH.
Die traditionelle Kleidung besteht meistens aus Chitenge und T-Shirt. Kinder werden in einem Tragetuch auf den Rücken gebunden und scheinen sich sehr wohl zu fühlen.
Viele Afrikanerinnen tragen auch sehr schöne, figurbetonte Kleider in traditionellen Mustern und knalligen Farben.
In den Städten kann man rumlaufen, wie man möchte. Die Afrikanerin betont durch entsprechende Kleidung gerne Hüften und Po.
Was isst man in Sambia?
Vor allem Nshima und Fast-Food.
Nshima, Maisbrei in fester und mächtiger Konsistenz, wird zu fast allen Mahlzeiten serviert und mit der rechten Hand gegessen.
Pommes, Meatpies, Würstchen und Burger gibt’s fast überall – sogar in Kalomo.
Salat heißt: Mit viel Majo angemachter Weißkohl-Möhren-Tomatensalat. Nicht wirklich berauschend.
Ich frage immer mal wieder: „Na, was ist Dein Lieblingsessen?“ – Klare Antwort: Nshima.
In den Supermärkten Spar und Shopright bekommt man so ziemlich alles zu kaufen – nur in sehr beschränkter Vielfalt.
Je kleiner die Stadt, desto kleiner die Auswahl.
Ich kann es immer kaum erwarten, in Lusaka oder Livingstone auch mal einen Frischkäse einzukaufen, 100%igen Fruchtsaft oder eine andere Sorte Müsli. Hier gibt es meistens auch Mozarella und Halumi in der Kühltheke. Wenn es heiß wird, werde ich die Sachen aber nicht mehr so weit transportieren können. Daran möchte ich aber noch gar nicht denken. Horror.
Sehr beschränkt ist auch die Auswahl an Tee´s. Es gibt nur Schwarztee und Rooibos zu kaufen. Sahne scheint es auch nicht zu geben und fast alle Produkte werden nur von einer einzigen Marke geführt. (Michprodukte z.B. nur von Parmalat – ganz selten auch mal von Danone).
Käse ist schwer bis gar nicht zu bekommen. Es gibt von Parmalat Gouda und Chester – aber von sehr bescheidener Qualität.
Feta, wie fast alle Produkte, wird aus Südafrika importiert und ist nur ab und zu in den Supermärkten zu finden.
Die Auswahl an Pasta ist ok und oft nach italienischem Rezept (natürlich in Südafrika) hergestellt.
Schokolade kommt fast ausschließlich von Cadburry, dafür gibt es aber Kekse in allen Variationen. Sogar unsere Prinzenrolle – allerdings wird diese in Saudi-Arabien produziert.
Marktführer sind ganz klar Nestlé, Unilever, Parmalat und Knorr im Lebensmittelbereich, Johnson&Johnson, Unilever und Nivea im Kosmetik- und Hygienebereich.
Auch hier wird fast alles aus Südafrika importiert.
Brot. Ja, Brot, das vermisse ich schon sehr. Außer weißes und „dunkles“ Toastbrot gibt es nichts zu kaufen.
Bäckereien gibt es kaum (zumindest nicht die Art, die wir uns vorstellen). Bisher habe ich nur in Livingstone bei Shopright richtig gute (weiße) Brötchen bekommen.
Obst und Gemüse sind ein Thema für sich.
Salat, Gurken, Zuccini und Paprika sind hier in Kalomo gar nicht zu bekommen. Tomaten, Weißkohl, Bananen, Äpfel, Kartoffeln und Zwiebeln gibt es dafür in Hülle und Fülle.
Alle „ausgefalleneren“ Frischsachen besorge ich in Choma und importiere Salat sogar aus Livingstone.
Da sich hier fast alle ein kleines Gärtchen angelegt haben, überlege ich, mir mein Gemüse ebenfalls selbst zu züchten. Ich warte nur noch, bis endlich der Zaun um mein Haus herum gebaut ist. Aktuell wird noch zu viel Müll über die Hecke geworfen oder die Hühner picken mir alle Samen wieder aus der Erde.
Foto Supermarkt und Nshima
Cafés und Restaurants?
…Gibt es einige in Livingstone und Lusaka.
In Lusaka kann man vor allem hervorragend indisch essen.
Aber nach Biergärten und Cafés, so wie man sie aus Europa kennt, sucht man lange.
Die teuren Hotels und viele der Lodges bieten aber schöne Plätzchen an. Natürlich zu gesalzenen Preisen.
In Livingstone betreibt ein italienisches Paar die Pizzaria „Olga´s“ und bildet hier auch benachteiligte Jugendliche in gastronomischen Berufen aus. Mein Lieblingsrestaurant.
Hast Du schon Leute kennen gelernt und was machst Du in Deiner Freizeit?
Ja. Plenty.
Meine Kollegen kenne ich mittlerweile fast alle und habe eigentlich auch zu allen ein sehr gutes Verhältnis.
Wir sind sehr an unseren jeweiligen Kulturen interessiert und unterhalten uns oft über landestypisches Geschehen.
Ich werde zu fast allen Meetings und Veranstaltungen eingeladen (auch wenn es sich um traurige „Events“, wie eine Beerdigung handelt).
Mein Schicksal in Kalomo teile ich mir mit einem anderen VSO-Volunteer: John aus Uganda. Bei ihm konnte ich die ersten Wochen wohnen, da mein Haus noch nicht fertig war.
Er ist allerdings eher verschlossen und bewegt sich fast kaum aus Kalomo raus, sodass wir leider nichts zusammen unternehmen. All meine „Animationsversuche“ habe ich mittlerweile aufgegeben.
Ich versuche, fast jedes Wochenende aus Kalomo rauszukommen, da es hier schon sehr langweilig werden kann.
Meine Kollegen im Council sind fast alle kirchlich aktiv und das ganze Wochenende in ihrer jeweiligen Gemeinde „busy“.
Zu anderen „Kalomoanern“ habe ich kaum Kontakt, da die sozialen Unterschiede einfach zu groß sind.
In Choma wohnen ein paar andere Volunteers von allen möglichen Organisationen, mit denen ich mich oft treffe. Und nicht zu vergessen die Volunteers in Livingstone, mit denen ich viel unternehme.
Unter der Woche habe ich mich mittlerweile mit der Situation arrangiert und lese entsprechend viel, schreibe am Blog und Emails. Wenn es keine Weggehmöglichkeiten gibt, muss man sich eben anders beschäftigen.
Die drei Wochen, die Alexandra wg. des Finance-Workshops in Kalomo gewohnt hat, waren super: Wir haben abends zusammen gekocht und mal ein Bierchen getrunken. Aber sie ist mittlerweile wieder zurück nach Chiapata gereist.
Hast Du Internetzugang und wie ist es mit Telefonieren?
Ich habe Internetzugang, aber nur mit einem sehr teuren USB-Stick von MTN.
Diesen kann man über Zahlencodes auf Rubbelkarten aufladen und verschlingt einen großen Batzen meiner hart verdienten Kwacha.
Ich habe auch mehrfach versucht, herauszufinden, ob ich eine Flatrate o.ä. installieren kann. Leider gibt es diese Möglichkeit erst ab einer Vertragslaufzeit von mind. zwei Jahren und wird sowiso noch nicht in Kalomo angeboten.
Daher bin ich mittlerweile zur günstigsten Lösung übergegangen: Internet via Handy. So kann ich zumindest super billig Mails und Nachrichten checken, ruiniere mir aber die Augen.
Es gibt in Kalomo zwar ein Internet-Café, dort kann man sich aber nicht mit seinem eigenen Rechner einwählen… Die Verbindung erinnert auch an die guten alten 56k Modems.
Klarer Nachteil, in einem kleinen Nest, wie Kalomo zu sitzen.
In den Städten gibt es gute Internet-Cafés und i.d.R. auch W-LAN-Angebote.
Im Council arbeiten nur fünf Personen mit Laptops. John und ich arbeiten an unseren eigenen Rechnern. Alle anderen 70 Mitarbeiter arbeiten ohne PC.
Es gibt auch keinen (0) Internetanschluss und nur ein (1) Festnetz-Telefon-/Faxgerät. Das steht im Büro des C.S. und kann während seiner Abwesenheit nach Anmeldung genutzt werden.
Ein Handy hat fast jeder im Besitzt – meist sogar zwei, da die meisten Sambier sowohl MTN als auch Zain nutzen. Allerdings hat nie jemand Guthaben auf der Karte... "Sorry, running out of Airtime. Could you please call me back?"
Und auch die oft gestellte Frage „Which Network are you on? MTN or Zain?“.
Zamtel, die vormals staatliche Kommunikationsanstalt, ist, seit ich in Sambia bin, ca. drei Mal verkauft worden und mittlerweile wohl in chinesischem Besitz.
Da der Markt für Telekommunikation und Internet hier boomt wie verrückt, sicherlich eine Goldgrube. Vielleicht sollte man mal T-Mobile mobilisieren.
Hast Du Heimweh?
Bisher nicht.
Ich vermisse zwar Familie und Freunde sehr, erlebe aber so viel Spannendes hier und es ist soooo anders, dass ich meine Zeit bisher sehr genieße.
Jeder Tag hat neue bizarre Geschichten zu bieten.
Was vermisst Du am meisten?
Außer Familie und Freunden?
Ganz ehrlich: Die Vielfalt, die man in Deutschland geboten bekommt.
Sowohl im kulturellen Bereich, als auch in der Produktvielfalt.
…und, so komisch es sich anhören mag: Qualität. Fast alles, was man zu kaufen bekommt, ist überteuert und von miserabler Qualität.
Hat man „Handwerker“ im Haus, wird nur rumgeknaubt: So habe ich zwar heißes Wasser in der Dusche, sobald ich aber den Kaltwasserzulauf auch nur einen Millimeter öffne, stoppt das heiße Wasser und es kommt nur noch kaltes aus der Leitung.
Der Wasserdruck vom Geysir stimmt nicht und die Leitungen sind so blöd installiert, dass sie den Druck eher noch verringern.
Es findet sich niemand, der das Problem beseitigen kann, also muss ich improvisieren: Ich stelle die Stromzufuhr zum Geysir ein paar Stunden vor einer geplanten Dusche ab, damit das Wasser abkühlen kann und ich mich nicht verbrühe oder erfriere.
Genauso mit dem Klodeckel, der nach kürzester Zeit zerbrochen ist, der Schreinerarbeit in meiner Küche, den Elektrogerätschaften, dem Straßenbau… ich könnte die Liste ewig fortsetzen.
Und natürlich entspannt und gefahrlos weggehen am Abend oder am Wochenende – das vermisse ich sehr.
Brot und Käse muss ich nicht extra erwähnen. Diese beiden Produkte vermissen wir Deutsche, glaube ich, überall auf der Welt.
Kommst Du dazu, regelmäßig Sport zu treiben?
Na ja, innerer Schweinehund lässt grüßen.
Joggen macht mir hier weniger Spaß, da es wirklich unüblich ist, in Kalomos Feldern rumzulaufen. Außerdem ist die Pollenbelastung und Luftverschmutzung so hoch, dass ich danach immer ziemlich fertig bin.
Meine Yogamatte dient auch eher der Dekoration. Ich nehme mir aber jeden Morgen aufs Neue vor, sie zu nutzen…
Mittlerweile habe ich mein Fahrrad einigermaßen in Gang gebracht – es gelten also keine Ausflüchte mehr.
Wie kommst Du mit der Armut in Afrika klar?
Hm. Sehr schwieriges Thema.
Ich habe keine Vergleiche mit anderen afrikanischen Ländern, aber hier in Sambia ist Armut allgegenwärtig.
Man nimmt sie täglich in vielen Gesichtern, auf der Straße, im Bus, im Supermarkt, in den Dörfern, in Städten, in Krankenhäusern, an Bahnhöfen und anderen öffentlichen Einrichtungen wahr.
Allerdings gehört sie so zum Alltagsleben, dass man sie irgendwann kaum mehr als bedrückend empfindet. „Es ist, wie es ist.“. Und würden sich meine Kollegen und Mitbürger selbst als arm bezeichnen?
„Und wie definiert man in einem Entwicklungsland „Armut“?“, habe ich mich oft gefragt.
Ist es Armut, ohne Wasser und Strom leben zu müssen?
Sich hauptsächlich von Grundnahrungsmitteln und eigenen Erzeugnissen zu ernähren?
Auf der Straße Obst für wenig Geld zu verkaufen?
Kein Geld zu haben, sich außerhalb schlechter öffentlicher Hospitäler behandeln lassen zu können?
Als Bauer keine Lobby zu haben und lächerliche Preise für Mais und andere Grundnahrungsmittel zu erzielen?
Als Frau einer traditionellen Familie in einem patriarchalen System klarkommen zu müssen, ohne das Recht auf freie Entfaltung und Selbstbestimmung?
Und als Frau in ebendiesem System kaum Zugang zu Bildung zu haben?
Nicht mehr als 150 Euro im Monat zu verdienen?
In einem Land zu leben, wo die durchschnittliche Lebenserwartung bei gerade mal 40 Jahren liegt?
In einer strohgedeckten Hütte zu wohnen?
Nicht komplikationslos aus seinem Land ausreisen zu können, und schon gar nicht in die westliche Welt?
Der Korruption nicht entgehen zu können?
In einem Land zu leben, das von einer sich selbst bereichernden Regierung geführt wird, ohne die Aussicht auf Veränderung?
Schwierig.
Ich zähle in den Augen meiner Umwelt hier ganz klar zu den „Reichen“. Schon alleine deshalb, weil ich mir einen Flug hierher leisten kann, mal kurz 1 Mio Kwacha für ein Fahrrad hinblättere oder mir schnell ein neues Handy kaufen.
Einen gut gefüllten Einkaufswagen im Supermarkt vor sich her zu schieben – auch das ist Luxus in einem Land wie Sambia.
Ich habe oft beobachtet, wie offensichtlich arme Menschen mit leerem Korb minutenlang vor einem Regal stehen und nicht wissen, ob sie sich überhaupt eins der teuren westlichen Produkte leisten können.
Ich komme mir daher sehr dekadent vor (und es plagen mich auch immer noch latente Schuldgefühle), wenn ich meine Waren aufs Band lege und anschließend einfach meine Kreditkarte zum Zahlen zücke. Wobei vor und hinter mir oft höchstens eine Packung Brot oder Mehl gekauft und sich dabei sicherlich gewundert wird, wie man jemals so viel auf einmal einkaufen kann.
An der Tür des Supermarktes wird von Security-Personal der Kassenbon kontrolliert – außer bei uns Weißen: Wir können einfach so durch. Bei uns geht man automatisch davon aus, dass wir es nicht nötig haben, zu stehlen.
Und vor dem Supermarkt: Die vielen Bettler, die etwas ab haben möchten.
Als „Reicher“ hat man hier alle Möglichkeiten:
Private Gesundheitsversorgung,
Zugang zu einer Kreditkarte,
Westliche Marken,
unbehelligtes Reisen (für deutsche Staatsbürger gibt es fast keine Visaformalitäten zu erfüllen),
Zutritt in Hotellobbys und Shopping-Malls
…
Man darf bei aller Armut nicht unterschätzen, wie viele reiche Afrikaner es hier gibt. Vor allem in Lusaka und Livingstone fahren nicht gerade wenige dicke Schlitten auf den Straßen rum, teure Kleider werden getragen und es wird allerlei Geldwertes zur Schau gestellt.
Die neue gehobene Mittelschicht wächst und gedeiht und Lusaka zählt zu den Boom Towns Afrikas.
Auch meine Kollegen im Council haben alle einen Weg gefunden, ihr spärliches Gehalt aufzustocken. Und gehen dabei mit einer Kreativität vor, die ich nur bewundern kann.
Aus meiner Perspektive wird allerdings nur wenig für das Gemeinwohl getan und man lässt die Gesamtgesellschaft nicht oder nur wenig am wachsenden Wohlstand partizipieren. Hier unterscheidet sich das System doch gravierend von unserem sozialen Marktwirtschaftsprinzip. Auch wenn wir selbst über Werteverfall, wachsender Steuerlast für „den kleinen Mann“ und „die da oben“ schimpfen: Kein Vergleich zu Sambia. Ich sehe es jedenfalls als unverdientes Privileg in eine Gesellschaft, wie die unsere hineingeboren zu sein und möchte eben auch durch meine Mitarbeit bei VSO meinen Beitrag dazu leisten, ein wenig davon zurückzugeben und zumindest im Rahmen meiner Möglichkeiten zur Chancengleichheit beizutragen.
Und gerade in einer öffentlichen Einrichtung, die schon per definitionem dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll und von der so viele Menschen abhängig sind, macht es Sinn, eingerostete Strukturen einzubrechen und fachliches Know How einzubringen. Nicht zu vernachlässigen: Der Kampf gegen Korruption.
Hast Du einen Fernseher?
Nein. Und ich werde mir auch keinen anschaffen.
Wie ist es mit den ganzen fiesen Krankheiten, die man sich da unten einfangen kann?
Ich bin bisher (toi toi toi) verschont geblieben.
Bis auf die fiese Erkältung anfangs, kann ich mich nicht beklagen.
Nicht mal Durchfall hatte ich bisher.
In Sambia wird m.E. generell aber auch sehr auf Hygiene geachtet – vor allem bei der Zubereitung von Essen. In den letzten Jahren ist hierzu sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet worden.
Leitungswasser nutze ich nur zum Geschirr spülen und Zähne putzen – alles andere wird erst abgekocht und dann gefiltert und dann erst eingesetzt.
Pur trinken möchte ich es trotz Filterns trotzdem nicht (für Tee und Kaffee aber ok). Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig und es riecht oft stark nach Chlor. Da ständig irgendwo eine Leitung platzt oder ein Rohr bricht, kommt das Wasser in allen möglichen Farbnuancen aus dem Hahn.
Gerade beim Waschen von heller Kleidung muss man höllisch aufpassen, dass nicht plötzlich rostiges Wasser auf die weiße Bluse tropft.
Generell scheint es mir aber schon schon so, dass sehr viele Menschen recht jung sterben. Ständig ist mindestens die Hälfte unserer Belegschaft quer durch die Lande zu Beerdigungen unterwegs. Es kann aber auch sein, dass der Eindruck täuscht.
Wenn ich meine Kollegen frage, was denn die Todesursache war, bekomme ich oft nur schwammige Antworten. Ich muss noch herausfinden, woran das liegt. Sherlock Jose ist schon mitten in der Investigationsphase.
Ich kann mir vorstellen, dass während der heißen Sommermonate und der Regenzeit mehr im Umlauf ist, als jetzt im moderaten Winter.
Updates folgen.
Und HIV und Aids? Wie wird damit umgegangen?
Sensibles Thema.
Aufklärung ist überall. Alleine in Kalomo gibt es ca. 100 Schilder und Plakate, die aufklären und abschrecken sollen. Auch Motto T-Shirts sieht man allerorts.
Es finden ständig Workshops von allen möglichen Organisationen zum Thema statt und angeblich ist auch die Anzahl polygamer Ehen zurückgegangen (es bleibt nämlich meistens nicht bei den Ehefrauen – man(n) hat auch gerne noch die ein- oder andere Geschichte nebenher laufen).
Wie gerade junge Leute in Sambia zum Thema Partnerschaft stehen, habe ich noch nicht eruiert. Meine Kolleginnen und Kollegen wollte ich bisher nicht so offen fragen.
Es ist ja auch in unserer Gesellschaft nicht möglich, das „Paarungsverhalten“ zu pauschalisieren.
Aids-Tests kann man in fast jeder Praxis und Klinik machen lassen. Es gibt auch anonyme Kontakt- und Anlaufstellen.
HIV- und Aids-Policies werden aktuell im ganzen Land etabliert – vor allem, um Diskriminierung und Benachteiligung zu vermeiden.
Kondome sind so gut, wie überall erhältlich und werden z.T. auch kostenlos verteilt. Über das Nutzungsverhalten habe ich noch keine statistische Erhebung gesehen.
Das Thema an sich – wie alles rund um Sexualität – ist aber trotzdem tabu. Offen darüber geredet wird kaum. Man darf nicht vergessen, dass ein Großteil der Bevölkerung in sehr ländlichen Gebieten nach traditionellen Mustern und Riten lebt.
In der Gemeinde Kalomo sind nach Erhebungen aus 2007 ca. 15,6% der 200.000 Einwohner infiziert.
Eine ganz aktuelle Zahl gibt es leider nicht.
Welche Impfungen hast Du und wie schützt Du Dich vor Malaria?
Im Tropenzentrum von Rotterdam hat man mir auf einen Schlag neun Impfungen verpasst:
- Gelbfieber (auch wenn Sambia keinen Nachweis erfordert, aber für den Fall, ich reise in andere afrikanische Länder)
- Tollwut (Booster – da ich schon eine Grundimmunität habe)
- Cholera
- Meningitis (Wirkstoffkombi gegen drei Erreger)
- Typhus
- Hepatitis
- Polio/Diphterie/Tetanus
Gegen Malaria nehme ich Malarone. Das leider teuerste, aber nebenwirkungsärmste Mittel.
Muss jeden Tag eingenommen werden und schützt bis zu 90%.
Zuvor habe ich über 5 Wochen Lariam ausprobiert, das wesentlich günstiger und nur 1xwöchentlich einzunehmen ist.
Mir war aber ständig schwindlig und Verdauungsprobleme hatte ich auch. Zudem war mir auch nicht wohl beim Gedanken, einen derartigen Hammer über einen so langen Zeitraum zu nehmen. Am Ende hätte ich wahrscheinlich vor lauter Hirngespinsten Nebenwirkungen entwickelt.
Es sterben immer noch sehr viele Menschen, vor allem Kinder, an Malaria, da oft zu spät mit einer wirkungsvollen Behandlung begonnen wird, oder schon andere Erkrankungen das Immunsystem stark geschwächt haben.
Eigentlich hatte bereits fast jeder Sambier, den ich bisher gefragt habe, mindestens einmal in seinem Leben Malaria. In mehr oder weniger schweren Verlaufsformen. Scheint hier so normal zu sein, wie bei uns die Grippe. Und wenn man wohl gleich effektiv behandelt, je nach Form auch gar nicht so dramatisch.
Bzgl. der Prophylaxe scheiden sich auch die Geister. So empfiehlt der Deutsche Entwicklungsdienst seinen Mitarbeitern, sich lieber gegen eine ausgebrochene Malaria behandeln zu lassen (Stand-by), wohingegen VSO zu einer Prophylaxe verpflichtet.
Da ich festgestellt habe, dass sich Mückenstiche, auch wenn man sehr vorsichtig ist, fast nicht vermeiden lassen (ich schlafe unter einem imprägnierten Moskitonetz, habe gerade für die Safari meine Hosen imprägniert und sprühe mich mit Repellent (DEED) ein. Und trotzdem habe mindestens 10 Stiche abbekommen), schlucke ich lieber jeden Tag ein rosarotes Pillchen und bin nicht ständig in Panik, mir Malaria eingefangen zu haben.
Und das ganze Viehchzeug?
Hält sich noch in Grenzen. Mein Haus beherbergt bisher kaum Kakerlaken – und wenn ich eine entdecke, sprühe ich sofort Gift auf das Krabbeltier und beobachte, wie es langsam verendet (meine schwarze Seele…).
Zur Abschreckung anderer Kakerlaken (ich bilde mir ein, es wirkt), lasse ich den toten Körper noch einen Tag lang an Ort und Stelle liegen.
Motten gibt es millionenfach und Moskitos spotte ich, jetzt wo es täglich wärmer wird, auch immer öfter.
Ansonsten sind eine Menge unidentifizierbare Käfer unterwegs, und gegen die Putzi-Fliege bügle ich wie wild.
Außer Rinder und Ziegen gibt es außerhalb der Nationalparks wenig von der Tierwelt zu sehen. Dafür in den geschützten Bereichen aber umso mehr.
Habe ich soweit Eure Fragen beantwortet?
Löchert mich ruhig weiter – ich recherchiere gerne! - Zeit habe ich Abends ja...