Montag, 30. August 2010

Glasszaun















Kalomo,


Sonntag, 29.08.10

Nachdem Johanna Kalomo schon wieder verlassen hat, schwinge ich mich aufs Rad´l und erkunde diesmal die Gegend rechts der Hauptstraße. Bald kenne ich alle Scheichwege der Umgebung - und mich kennen alle, die auf diesen Schleichwegen unterwegs sind.

Als ich letzten Montag ins Büro kam – ich was das Wochenende in Kalomo geblieben und bin Sonntags die Hauptstraße entlang geradelt – haben mich offensichtlich ALLE Kollegen gesehen.
“Uuuh Christiana, you were riding your bicycle along the road! Hi, hi, hi!“ Ach ne. Noch nie n´ Muzungu auf´m Rad gesehen, wa?


Leute, man glaubt es nicht, am Freitag hat mich doch tatsächlich eine Postkarte aus Thailand erreicht! Und da sage noch einer, die sambische Post bekommts nicht gebacken.

Klar, meine Adresse ist etwas ungewöhnlich – ohne Straße, Hausnummer und Postleitzahl. Braucht man aber auch gar nicht. Es gibt hier keine Briefträger, die morgens die Post in den Briefkasten werfen und für die man extra eine Orientierungshilfe einführen müsste. Alles bürokratischer Schnickschnack.
Das System funktioniert hier ein bisschen anders: Jede Großfamilie oder Firma hat ein Postfach und holt die Post schön brav selbst ab.

Ob ich jetzt doch mal den Versuch wage, mir ein paar Bücher via Amazon zu bestellen? Und wie lange das wohl dauert? Im worst case habe ich halt mal ein paar Euro in den Sand gesetzt. Ein Versuch ist´s wert.

Nachdem ich nun wirklich alle Bücher durch hab, bin ich auf das Medium Hörbuch umgestiegen.

Mein Graszaunbauer Patrick, der nach einigen Irrungen und Wirrungen vorgestern endlich seine Arbeit aufnehmen konnte, wundert sich sicherlich über die verschiedenen Stimmen, die aus meinem Haus kommen – vorrangig in den späten Abendstunden. Dabei sieht er aber immer nur mich ein- und ausgehen…
Wenn demnächst mein Freund von der Immigrationsbehörde vor der Tür steht, weiß ich warum.

Apropos Patrick. Er ist nicht nur mein Zaunbauer, sondern neuerdings auch Security-Guard für den Shop gegenüber. Sehr praktisch.

Sein Lieblingssatz, wenn er mich sieht: „God bless you, Sista! I´m building for you the best Glassfence in town“. Graszaun=Glassfence? Irgendwas stimmt doch da nicht.

Viele Tonga-Muttersprachler haben Probleme das „r“ richtig zu rollen. Das hat gerade am Anfang zu einigen Missverständnissen geführt. Ich habe z.B. „Glassfence“ unreflektiert in meinen Wortschatz übernommen und mich gewundert, warum wiederrum andere nicht verstehen, von was ich gerade spreche.

Mal davon abgesehen, dass sich meine Kollegen grundsätzlich über „the funny German“ wundern. Ich bin nämlich meisterlich im 1 zu 1-Übersetzen von deutschen Sprichwörtern in die englische Sprache. Sozusagen mein linguistisches Spezialgebiet, oft ohne mir über die Auswirkungen bewusst zu sein:

„Guys, if you don´t bring the documents back until next week, I´ll run after you like the devil behind the poor soul“ – „Wie der Teufel hinter der armen Seele her sein“, soll das heißen. Aus großen, fast panikerfüllten Augen blicken sie mir dann entgegen.

Oder: „It comes, how it comes“ – hä?.
“One does, what one can!“ – man tut, was man kann. Nichwah?

Ich kann´s mir nicht abgewöhnen. Aber ich bin dran: Trial makes smart. Versuch macht klug.

Freitag, 27. August 2010

Miss Kalomo 2010

Kalomo
der selbe Freitag, 27.08.2010

Miss Kalomo 2010


Es ist Freitagabend – eine anstrengende Woche geht zu Ende und Kalomo ist in Weggehstimmung.

Heute Abend wird die Miss Kalomo 2010 gewählt. Veranstaltungsort ist das „Drive-In“, eigentlich eine mehr oder weniger schäbbelige Pension, die vom Council betrieben wird.

Dieses Jahreshighlight im Veranstaltungskalender Kalomos darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen.

Und so sind auch wir mit am Start: Johanna, eine Anthropologin, die gerade in Kalomo Interviews mit den Chiefs führt, um über Kultur und Rolle zu forschen, meine Council-Kolleginnen Milambo, Portia und ich.

Um 9 Uhr startet der Catwalk der Anwärterinnen, alle mit modischer Kurzhaarperücke und die weiblichen Vorzüge stark betont.

Es herrscht klarer Männerüberschuss, sodass es nicht lange dauert, bis wir vier Mädels die nächste Getränkerunde und die nächste und die nächste vor uns stehen haben.

Zwei unserer Kollegen aus dem Council mit ein paar Bauingenieuren aus den Wasserprojekten gesellen sich zu uns und es wird ein lustiger und unterhaltsamer Abend.

Es tritt noch eine hier recht bekannte Gruppe auf, die für entsprechende Stimmung sorgt. Ansonsten findet die Beschallung eher durch Celine Dion in Endlosschleife statt.

Die zukünftigen Missen geben alles und tragen von legerem, von MTN gesponsertem Outfit, bis hin zur vollendeten Abendgarderobe, alles auf. Ich kann mir vorstellen, dass die afrikanische Version von "Germany´s next Topmodel" auch hier nicht ohne Einfluss auf heranwachsende Mädels bleibt.

Da es ab zwei Uhr unglaublich abkühlt und wir uns daher, dem Erfrierungstod nahe, verfrüht auf den Heimweg machen (die Menge ist mittlerweile auch ziemlich betrunken), verpassen wir leider die tatsächliche Wahl der „Miss Kalomo 2010“. Wer gewonnen hat, muss ich dann morgen recherchieren.




































Freitagssport im Council

Kalomo


Freitag, 27.08.2010

Freitagssport im Council

Netball? Immer mal wieder gehört, aber noch nie gespielt.

Eins der gefühlten 2 Millionen Committees hat vor einiger Zeit beschlossen, am Freitagnachmittag um eins die Schotten des Councils dicht zu machen und dafür ein Sportprogramm anzubieten.

Verpflichtend.

Letzten Freitag sind insgesamt drei Leute (von 74) aufgetaucht, gestern immerhin 25. Die Manager haben im Meeting übrigens einstimmig beschlossen, dass Nichtteilnahme am Freitagssport zu Konsequenzen führen soll. Von 9 Managern waren 2 am Start… Wie war das mit derVorbildfunktion?

Wir haben also Netball gespielt, was trotz der 30 Grad auf dem councileigenen schatten- und sanitäranlagenlosen Sportplatz richtig Spaß gemacht hat. Auch wenn ich die Regeln erst nach der 2. Spielrunde verstanden habe.

Donnerstag, 26. August 2010

HR Management Meeting - das erste

Kalomo


Donnerstag, 26.08.2010

HR Management Meeting

Im Vorfeld meines geplanten Meetings beschäftigen mich viele Fragen: Wie stelle ich die Ergebnisse des HR-Audits so transparent und verständlich wie möglich vor? Welche sinnhaften Maßnahmen können wir daraus ableiten? Wie verbessern wir die Arbeitsbedingungen, wie die interne Kommunikation?

Wie arbeiten wir in Zukunft ein, sodass sich neue Mitarbeiter nicht mehr verloren und orientierungslos in der Organisation vorkommen? Wollen wir ein Leistungsbewertungs- und Feedbacksystem und wie führen wir dieses ein? Wie können wir die Motivation steigern? Was muss und soll in der HR Policy enthalten sein? Warum ist eine Mitarbeiterbefragung so wichtig? Und wer übersetzt sie in Tonga und Njanja, sodass alle Mitarbeiter die faire Chance haben, mitzumachen?

Und: Wie implementieren wir all die Veränderungen und wer übernimmt die Verantwortung nach meiner Zeit im Kalomo District Council?

Eine Woche voller Vorbereitungen und Kopfzerbrechen hat sich am Ende gelohnt: Nach sechs Stunden angeregter Diskussion sind die Grundlagen geschaffen, die Committments gegeben, die Verantwortlichkeiten geregelt, die Gedanken geteilt.

Das nächste Mal arbeiten wir daran, dass wir pünktlich starten, sich diejenigen Manager abmelden, die nicht teilnehmen können und die Kekse nicht ausgehen.

Für das erste Meeting dieser Art – und in der Durchführung für meine Kollegen sicherlich sehr ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig (mit vielen Moderationsmethoden, Mitmachaktionen und To Do´s gefüllt) sehr gut gelaufen. Puh.

Freitag, 20. August 2010

Angekommen


Wann stellt man fest, dass man im Alltag Sambias, oder besser gesagt, Kalomos angekommen ist?


- Man wundert sich nicht mehr, dass man nicht zuerst nach dem Namen, sondern nach seiner Religionszugehörigkeit gefragt wird. Und man hört auf, über Sinn und Unsinn dieser Frage nachzudenken. Kapitulationsantwort: „I´m Catholic – and what religion are you?“

- Man fängt sogar an, sich mit den Zeugen Jehovas über den einzigen und allmächtigen Herrn, das ewige Himmelreich und the "bad evil" zu unterhalten, wenn sie täglich vor der Haustür stehen.

- „Hello!“. „Oh, thank you, thank you, I´m just OK.”

- Man erscheint nicht mehr pünktlich zu Meetings und wundert sich auch nicht mehr, wenn diese plötzlich angesetzt aber auch wieder abgesagt werden.

- “What have you had for lunch?”, “Nshima!”

- Mein VSO-Kollege hat einen Motorradunfall, robbt sich mit offenem Unterschenkelbruch durch den Straßengraben, bis er endlich Handy-Empfang hat, um jemanden um Hilfe zu rufen. Erste Reaktion aller aufgeregten Dorfbewohner am Unfallort: „Oh, sorry, sorry Mister!“.

- Man fängt an, Cola Light zu trinken – sogar normale Cola, weil es in Meetings oder im Bus eben nichts anderes gibt.

- Man bricht in „Panik“ aus, wenn jemand in die große Stadt fährt und schreibt ihm/ihr eine große Einkaufsliste.

- Genau so bricht man in Panik aus, wenn im Frische-Regal des Spar-Markets nur noch ein Salatkopf (alternativ: Käse) liegt und gerade jemand anderes danach greift. Man weiß nämlich nicht, wann a) die nächste Lieferung kommt b) wann man selbst das nächste Mal in die nähe eines größeren Supermarktes kommt.

- Wenn man, wie selbstverständlich, nicht mehr von Kwacha, sondern von „Pin“ spricht und mit den Millionen klar kommt.

- Wenn man realisiert, wirklich als allereinziger Müll in Mülltonnen zu werfen und diesen nicht verbuddelt oder verbrennt.

- Wenn man fast alltägliche Stromausfälle gelassen hinnimmt - außer, man hat die Lampe nicht vernünftig aufgeladen oder die Streichhölzer verlegt.

- Wenn man es aufgegeben hat, wg. des allgegenwärtigen roten Sandes schwarze Schuhe anzuziehen oder diese alle 5 Minuten zu putzen.

- Wenn man es aber auch aufgegeben hat, selbst zu bügeln, da Bügelservice für 10.000 Kwacha (1,50 Euro) angeboten wird

- Wenn man auch aufgegeben hat, zu erklären, dass man kein "Native-Speaker" ist und nicht alle Europäer Englisch sprechen, sondern die ein-oder andere Vokabel selbst noch nachschlagen muss.

- Wenn man das Giftspray immer parat hat, um kleine Viecher zu töten

- Sich am Telefon nur noch im Telegramm-Stil unterhält –„Sorry, I have no Talktime“

- Jeden Shopbesitzer persönlich kennt und dieser schon weiß, was man gerne möchte und es auf einmal auch fettarmen Joghut zu kaufen gibt.

- Generell gelassener ist, wenn etwas nicht klappt oder sehr lange dauert.


Sonntag, 15. August 2010

Klodeckel

...und so wendet sich alles zum Guten...
Sitze ich gerade gemütlich im Wohnzimmer und lade Bilder hoch, klopft doch The Landlord an meiner Tür und überreicht mir einen neuen Klodeckel (gerade, wo ich die kaputte Konstruktion schon fast liebgewonnen habe). Und das einfach so, am Sonntag Abend.
Gut, es hat vier Wochen gedauert, aber gut Ding will Weil!

Unter diesen Vorzeichen kann es nur eine tolle Woche werden.

Back vom VSO Call Back

Lusaka –Kalomo



11. – 15. August 2010

Ich bin heute Abend vom VSO Call-Back in Lusaka zurück gekommen – einer Veranstaltung, die den Volunteers als Austausch- und Informationsplattform nach den ersten Monaten ihrer Ankunft dienen soll.

Fast alle Volunteers starten zu zwei festen Terminen im Jahr. Entweder im Februar oder im September. Ein kanadischer Volunteer und ich sind die einzigen, die „out of cycle“ gestartet sind und sich in Kurzzeitprojekten befinden. Regulär dauert ein Placement zwei Jahre, wir beide haben nur einen Halbjahresvertrag unterschrieben.

Da wir aus diesem Grund kein volles Einführungs-Programm hatten, ist die Veranstaltung für uns die beste Möglichkeit, endlich mal alle anderen Volunteers persönlich kennen zu lernen und unsere Fragen los zu werden.

Die meisten von uns haben sich mittlerweile gut in ihre Placements eingefunden und berichten von Erlebnissen und alltäglichem Wahnsinn am Arbeitsplatz.

Unsere Programm-Manager haben zu dem viele Gäste zu den Themen Anti-Korruption, HIV/Aids und Gender-Mainstream eingeladen.

Auch in Sambia komme ich nicht um mein – schon in Studienzeiten „geliebtes“ Rollenspiel herum. Scheinbar weltweit gerne eingesetzt – dieserorts nur unter dem Scheinbegriff „Drama“, damit ich nicht gleich checke, um was es geht und blind in die Mitmach-Falle tappe.

Drei tolle Tage in der Hauptstadt, motivierend, sehr lustig und – für mich ja fast schon außergewöhnlich: Mit Abends ordentlich ausgehen (die einzige Deutsche unter Engländern. Uiuiui!)

Und natürlich bin ich auch diesmal nicht mit leeren Taschen wieder gekommen – Es wurde wieder eingekauft, was ein Mensch nur tragen kann.
erster von rechts übrigens mein Kalomo-Mitstreiter John.

Frida Kabaso-Piri, Country Director VSO Zambia

Beim China-Mann
Ette, satt und glücklich

Dienstag, 10. August 2010

FAQ

FAQ


Wie ist das Wetter in Sambia?

Heiter bis wolkig.
Sambia hat drei Jahreszeiten:
Trockener und während der Nacht sehr kühler Winter (März bis Mitte August),
heißer, trockener Sommer (Mitte August bis Mitte November),
heiße Regenzeit (Mitte November bis März).
Ich bin also mitten im Winter gestartet. Tagsüber liegen die Temperaturen bei angenehmen 23-28 Grad. Sobald es aber dunkel wird (aufgrund der Nähe zum Äquator bereits ab 17:15 Uhr), wird es meist empfindlich kalt. Gut, dass ich meinen dicken Schlafsack im Gepäck hatte.

An manchen Tagen ziehen dicke schwarze Wolken vorbei – ich musste mich sehr daran gewöhnen, dass aus diesen Wolken – zumindest über Sambia - kein Regen fällt. Das Wetter wechselt teilweise in rasender Geschwindigkeit: War es eben noch dicht bewölkt, scheint jetzt schon wieder die Sonne (oder umgekehrt).

Was ich auch als recht sonderbar empfinde: Die Einheimischen tragen z.T. dicke Daunenjacken, Mütze und HANDSCHUHE!!! - auch wenn es draußen 25 Grad hat. Eben ein ganz anderes Temperaturempfinden.


Kollege bei 23 Grad MIT Handschuhen




























Ich bin auf den Sommer gespannt, der sich aktuell ankündigt. Es soll brütend heiß werden. Einen Ventilator habe ich mir schon angeschafft, da man nachts keine Fenster auflassen sollte. Warum?-go to: Ist Sambia sicher?

Ist Sambia sicher?
















Kollegen (Fire Brigade und Council Police) bei der Arbeit

Generell Ja. Bei Sambia handelt es sich generell um ein sehr freundliches und aufgeschlossenes Land.
Vor allem in Kalomo fühle ich mich recht sicher. Hier gibt es kaum Kriminalität.
Anders sieht es in Lusaka und Livingstone aus: Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man nicht mehr (auch nicht in Gruppen) zu Fuß unterwegs sein, sondern sich ein offizielles Taxi rufen.
Das ist etwas, was ich mit am meisten vermisse: Mich, ohne darüber nachzudenken, frei auf der Straße – auch bei Dunkelheit – bewegen zu können.

Recht häufig kommen Einbrüche vor; gerade bei Expatriates, da man hier entsprechende Wertgegenstände in den Häusern vermutet.

Mir ist auch von „Armed Robberies“ berichtet worden. Nachts brechen bewaffnete Banden in Häuser ein und räumen alles aus, was nicht niet- und nagelfest ist. Leute, denen das passiert ist, sind danach ziemlich traumatisiert.
Taschendiebstähle kommen, vor allem in den größeren Städten, ebenfalls häufig vor. – Holzauge sei wachsam.

Was ich ebenfalls etwas befremdlich finde, ist die Tatsache, alle Fenster des Nachts schließen zu müssen.

Es kommt wohl häufig vor, dass Diebe mit Greifwerkzeugen Gegenstände durch offene Fenster entwenden.

Ich bin bereits zwei Mal nach Mitternacht von meinem Vermieter, der zufällig an meinem Haus vorbei kam, angerufen worden. „Christiane, Deine Fenstern sind noch geöffnet. Bitte schließe sie – es könnte sein, dass man Dir sonst etwas klaut.“. Ich habe darüber erst geschmunzelt. Als mir aber alle versichert haben, dass diese Art von Diebstahl häufig vorkommt, achte ich sehr darauf, vorm Schlafengehen alles zu schließen.

Und in der Tat habe ich mir schon ein paar Mal eingebildet, jemanden um mein Haus herum schleichen zu hören. Könnten aber auch die scharrenden Hühner gewesen sein. Ich habe mich bisher noch nicht getraut, aus dem Fenster zu schauen.
 Es ist auch üblich, Außentüren/-gitter durch Vorhängeschlösser zu sichern. Hätte ich das mal vorher gewusst, hätte ich ein ordentliches Abus-Equipment aus Deutschland mitgebracht. So muss ich auf die recht teuren chinesischen „Best-Padlocks“ vertrauen…

…und als Frau?

…hatte ich bisher noch keine Probleme. Natürlich wird man von den Jungs hier angeflirtet, was bisher aber in keinster Weise anzüglich war. Da habe ich in Ehrenfeld schon andere Sachen erlebt.

Man muss sich natürlich daran gewöhnen, dass man als Weiße immer auffällt und auch immer hemmungslos – ob von Frauen, Kindern oder Männern – angestarrt wird. Gerade wenn ich durchs Feld jogge oder mit dem Fahrrad unterwegs bin.
Das liegt aber daran, dass ich hier wirklich ein Exot bin und alle einfach nur sehr interessiert an meinen Verhaltensweisen und meinem Outfit.
Auch in Bussen und alleine unterwegs in den Städten hatte ich bisher keine Probleme.

Was zieht man da unten so an?

Kommt darauf an, wo man unterwegs ist.

Meine Kollegen tragen ganz normales Business-Outfit und legen großen Wert auf korrekte Kleidung. Die Mädels sind sehr chic und modern gekleidet.
Mittlerweile hat sich auch der Rest Kalomos daran gewöhnt, dass ich kurze Hosen und Röcke trage, die nicht bis auf den Knöchel reichen.
Wenn ich in den Dörfern unterwegs bin, trage ich immer eine lange Hose oder werfe mir ein „Chitenge“, ein langes Tuch, um die Hüften.

Alles unterhalb des Bauchnabels gilt als „Tabuzone“. Was „obenrum“ passiert, interessiert niemanden mehr. Gerade ländliche Frauen stillen barbusig in aller Öffentlichkeit und tragen auch selten einen BH.

Die traditionelle Kleidung besteht meistens aus Chitenge und T-Shirt. Kinder werden in einem Tragetuch auf den Rücken gebunden und scheinen sich sehr wohl zu fühlen.

Viele Afrikanerinnen tragen auch sehr schöne, figurbetonte Kleider in traditionellen Mustern und knalligen Farben.

In den Städten kann man rumlaufen, wie man möchte. Die Afrikanerin betont durch entsprechende Kleidung gerne Hüften und Po.

Was isst man in Sambia? ...Und bekommst Du denn genug zu Essen?

Vor allem Nshima und Fast-Food.   ...und ja: Ich verhungere hier ganz bestimmt nicht. Eher im Gegenteil... 


George, mein Programm Manager
beim Nshima Essen
Nshima, Maisbrei in fester und mächtiger Konsistenz, wird zu fast allen Mahlzeiten serviert und mit der rechten Hand gegessen.
Pommes, Meatpies, Würstchen und Burger gibt’s fast überall – sogar in Kalomo.
Salat heißt: Mit viel Majo angemachter Weißkohl-Möhren-Tomatensalat. Nicht wirklich berauschend.
Ich frage immer mal wieder: „Na, was ist Dein Lieblingsessen?“ – Klare Antwort: Nshima.


In den Supermärkten Spar und Shopright bekommt man so ziemlich alles zu kaufen – nur in sehr beschränkter Vielfalt.
Je kleiner die Stadt, desto kleiner die Auswahl.


Ich kann es immer kaum erwarten, in Lusaka oder Livingstone auch mal einen Frischkäse einzukaufen, 100%igen Fruchtsaft oder eine andere Sorte Müsli. Hier gibt es meistens auch Mozarella und Halumi in der Kühltheke. Wenn es heiß wird, werde ich die Sachen aber nicht mehr so weit transportieren können. Daran möchte ich aber noch gar nicht denken. Horror.

Sehr beschränkt ist auch die Auswahl an Tee´s. Es gibt nur Schwarztee und Rooibos zu kaufen. Sahne scheint es auch nicht zu geben und fast alle Produkte werden nur von einer einzigen Marke geführt. (Michprodukte z.B. nur von Parmalat – ganz selten auch mal von Danone).

Käse ist schwer bis gar nicht zu bekommen. Es gibt von Parmalat Gouda und Chester – aber von sehr bescheidener Qualität.

Feta, wie fast alle Produkte, wird aus Südafrika importiert und ist nur ab und zu in den Supermärkten zu finden.
Die Auswahl an Pasta ist ok und oft nach italienischem Rezept (natürlich in Südafrika) hergestellt.
Schokolade kommt fast ausschließlich von Cadburry, dafür gibt es aber Kekse in allen Variationen. Sogar unsere Prinzenrolle – allerdings wird diese in Saudi-Arabien produziert.

Marktführer sind ganz klar Nestlé, Unilever, Parmalat und Knorr im Lebensmittelbereich, Johnson&Johnson, Unilever und Nivea im Kosmetik- und Hygienebereich.

Auch hier wird fast alles aus Südafrika importiert.

Brot. Ja, Brot, das vermisse ich schon sehr. Außer weißes und „dunkles“ Toastbrot gibt es nichts zu kaufen.
Bäckereien gibt es kaum (zumindest nicht die Art, die wir uns vorstellen). Bisher habe ich nur in Livingstone bei Shopright richtig gute (weiße) Brötchen bekommen.

Obst und Gemüse sind ein Thema für sich.
Salat, Gurken, Zuccini und Paprika sind hier in Kalomo gar nicht zu bekommen. Tomaten, Weißkohl, Bananen, Äpfel, Kartoffeln und Zwiebeln gibt es dafür in Hülle und Fülle.
Alle „ausgefalleneren“ Frischsachen besorge ich in Choma und importiere Salat sogar aus Livingstone.

Da sich hier fast alle ein kleines Gärtchen angelegt haben, überlege ich, mir mein Gemüse ebenfalls selbst zu züchten. Ich warte nur noch, bis endlich der Zaun um mein Haus herum gebaut ist. Aktuell wird noch zu viel Müll über die Hecke geworfen oder die Hühner picken mir alle Samen wieder aus der Erde.

...übrigens ist es nicht ungewöhnlich, Vegetarier zu sein. Der normale Sambier kann sich zwar nicht vorstellen, auf Fleisch zu verzichten, akzeptiert es aber. Vor allem durch dir vielen Inder im Land recht populär.

Shoprite





























Cafés und Restaurants?
…Gibt es einige in Livingstone und Lusaka.

In Lusaka kann man vor allem hervorragend indisch essen.
Aber nach Biergärten und Cafés, so wie man sie aus Europa kennt, sucht man lange.
Die teuren Hotels und viele der Lodges bieten aber schöne Plätzchen an. Natürlich zu gesalzenen Preisen.

In Livingstone betreibt ein italienisches Paar die Pizzaria „Olga´s“ und bildet hier auch benachteiligte Jugendliche in gastronomischen Berufen aus. Mein Lieblingsrestaurant.
Und natürlich werde ich auch demnächst mal in Livingstone am Afternoon-Tea im Royal Livingstone zu Gast sein.

Hast Du schon Leute kennen gelernt und was machst Du in Deiner Freizeit?
yes.

Meine Kollegen kenne ich mittlerweile fast alle und habe eigentlich auch zu allen ein sehr gutes Verhältnis.
Wir sind sehr an unseren jeweiligen Kulturen interessiert und unterhalten uns oft über landestypisches Geschehen.
Ich werde zu fast allen Meetings und Veranstaltungen eingeladen (auch wenn es sich um traurige „Events“, wie eine Beerdigung handelt).

Mein Schicksal in Kalomo teile ich mir mit einem anderen VSO-Volunteer: John aus Uganda. Bei ihm konnte ich die ersten Wochen wohnen, da mein Haus noch nicht fertig war.
Er ist allerdings eher verschlossen und bewegt sich fast kaum aus Kalomo raus, sodass wir leider nichts zusammen unternehmen. All meine „Animationsversuche“ habe ich mittlerweile aufgegeben.

Ich versuche, fast jedes Wochenende aus Kalomo rauszukommen, da es hier schon sehr langweilig werden kann.
Meine Kollegen im Council sind fast alle kirchlich aktiv und das ganze Wochenende in ihrer jeweiligen Gemeinde „busy“.
Zu anderen „Kalomoanern“ habe ich kaum Kontakt, da die sozialen Unterschiede einfach zu groß sind.

In Choma wohnen ein paar andere Volunteers von allen möglichen Organisationen, mit denen ich mich oft treffe. Und nicht zu vergessen die Volunteers in Livingstone, mit denen ich viel unternehme.

Das Netzwerk unter den VSO-Volunteers ist sehr gut und es existiert ein ungeschriebenes Gesetz, reisende Volunteers aufzunehmen. So kommt man gut rum und trifft ebenfalls jede Menge Menschen.

Unter der Woche habe ich mich mittlerweile mit der Situation arrangiert und lese entsprechend viel, schreibe am Blog und Emails. Wenn es keine Weggehmöglichkeiten gibt, muss man sich eben anders beschäftigen.

Die drei Wochen, die Alexandra wg. des Finance-Workshops in Kalomo gewohnt hat, waren super: Wir haben abends zusammen gekocht und mal ein Bierchen getrunken. Aber sie ist mittlerweile wieder zurück nach Chiapata gereist.

Hast Du Internetzugang und wie ist es mit Telefonieren?
Ich habe Internetzugang, aber nur mit einem sehr teuren USB-Stick von MTN.

Diesen kann man über Zahlencodes auf Rubbelkarten aufladen und verschlingt einen großen Batzen meiner hart verdienten Kwacha.
Ich habe auch mehrfach versucht, herauszufinden, ob ich eine Flatrate o.ä. installieren kann. Leider gibt es diese Möglichkeit erst ab einer Vertragslaufzeit von mind. zwei Jahren und wird sowiso noch nicht in Kalomo angeboten.

Daher bin ich mittlerweile zur günstigsten Lösung übergegangen: Internet via Handy. So kann ich zumindest super billig Mails und Nachrichten checken, ruiniere mir aber die Augen.
Es gibt in Kalomo zwar ein Internet-Café, dort kann man sich aber nicht mit seinem eigenen Rechner einwählen… Die Verbindung erinnert auch an die guten alten 56k Modems.
Klarer Nachteil, in einem kleinen Nest, wie Kalomo zu leben.

In den Städten gibt es gute Internet-Cafés und i.d.R. auch W-LAN-Angebote.
Im Council arbeiten nur fünf Personen mit Laptops. John und ich arbeiten an unseren eigenen Rechnern. Alle anderen 70 Mitarbeiter arbeiten ohne PC.
Es gibt auch keinen (0) Internetanschluss und nur ein (1) Festnetz-Telefon-/Faxgerät. Das steht im Büro des C.S. und kann während seiner Abwesenheit nach Anmeldung genutzt werden.

Ein Handy hat fast jeder im Besitzt – meist sogar zwei, da die meisten Sambier sowohl MTN als auch Zain nutzen. Aber Guthaben hat fast keiner drauf. "Can you ring me back? Haven´t got enough Airtime..."

Und auch die oft gestellte Frage „Which Network are you on? MTN or Zain?“.

Zamtel, die vormals staatliche Kommunikationsanstalt, ist, seit ich in Sambia bin, ca. drei Mal verkauft worden und mittlerweile wohl in arabischem Besitz,eine chinesische Firma hat aber eine Lizenz.
Da der Markt für Telekommunikation und Internet hier boomt wie verrückt, sicherlich eine Goldgrube. Vielleicht sollte man mal T-Mobile mobilisieren.

Hast Du Heimweh?
Bisher nicht.
Ich vermisse zwar Familie und Freunde sehr, erlebe aber so viel Spannendes hier und es ist soooo anders, dass ich meine Zeit bisher sehr genieße.
Jeder Tag hat neue bizarre Geschichten zu bieten. Langweilig wird´s mir bestimmt nicht.


Was vermisst Du am meisten?
Außer Familie und Freunden?
Ganz ehrlich: Die Vielfalt, die man in Deutschland geboten bekommt.

Sowohl im kulturellen Bereich, als auch in der Produktvielfalt.

...und, so komisch es sich anhören mag: Qualität. Fast alles, was man zu kaufen bekommt, ist überteuert und von miserabler Qualität.
Hat man „Handwerker“ im Haus, wird nur rumgeknaubt: So habe ich zwar heißes Wasser in der Dusche, sobald ich aber den Kaltwasserzulauf auch nur einen Millimeter öffne, stoppt das heiße Wasser und es kommt nur noch kaltes aus der Leitung.
Der Wasserdruck vom Geysir stimmt nicht und die Leitungen sind so blöd installiert, dass sie den Druck eher noch verringern.
Es findet sich niemand, der das Problem beseitigen kann, also muss ich improvisieren: Ich stelle die Stromzufuhr zum Geysir ein paar Stunden vor einer geplanten Dusche ab, damit das Wasser abkühlen kann und ich mich nicht verbrühe oder erfriere.

Genauso mit dem Klodeckel, der nach kürzester Zeit zerbrochen ist, der Schreinerarbeit in meiner Küche, den Elektrogerätschaften, dem Straßenbau, das Fahrrad… ich könnte die Liste ewig fortsetzen.

Und natürlich entspannt und gefahrlos weggehen am Abend oder am Wochenende – das vermisse ich sehr.

Brot und Käse habe ich bereits erwähnt. Diese beiden Produkte vermissen wir Deutsche, glaube ich, überall auf der Welt.

Kommst Du dazu, regelmäßig Sport zu treiben?
Na ja, innerer Schweinehund lässt grüßen.

Joggen macht mir hier weniger Spaß, da es wirklich unüblich ist, in Kalomos Feldern rumzulaufen. Außerdem ist die Pollenbelastung und Luftverschmutzung so hoch, dass ich danach immer ziemlich fertig bin.

Meine Yogamatte dient auch eher der Dekoration. Ich nehme mir aber jeden Morgen aufs Neue vor, sie zu nutzen…
Mittlerweile habe ich mein Fahrrad einigermaßen in Gang gebracht – es gelten also keine Ausflüchte mehr.


























Mein roter Blitz in der hiesigen Radwerkstatt

Wie kommst Du mit der Armut in Afrika klar?
Hm. Sehr schwieriges Thema.

Ich habe keine Vergleiche mit anderen afrikanischen Ländern, aber hier in Sambia ist Armut allgegenwärtig.
Man nimmt sie täglich in vielen Gesichtern, auf der Straße, im Bus, im Supermarkt, in den Dörfern, in Städten, in Krankenhäusern, an Bahnhöfen und anderen öffentlichen Einrichtungen wahr.

Allerdings gehört sie so zum Alltagsleben, dass man sie irgendwann kaum mehr als bedrückend empfindet. „Es ist, wie es ist.“. Und würden sich meine Kollegen und Mitbürger selbst als arm bezeichnen?
Und wie definiert man in einem Entwicklungsland „Armut“?“, habe ich mich oft gefragt.
- Ist es Armut, ohne Wasser und Strom leben zu müssen?
- Sich hauptsächlich von Grundnahrungsmitteln und eigenen Erzeugnissen zu ernähren?
- Auf der Straße Obst für wenig Geld zu verkaufen?
- Kein Geld zu haben, sich außerhalb schlechter öffentlicher Hospitäler behandeln lassen zu können?
- Sich keinen Anzug und keine vernünftigen Schuhe kaufen zu können?
- Als Bauer keine Lobby zu haben und lächerliche Preise für Mais und andere Grundnahrungsmittel zu erzielen?
- Als Frau einer traditionellen Familie in einem patriarchalen System klarkommen zu müssen, ohne das Recht auf freie Entfaltung und Selbstbestimmung?
- Und als Frau in ebendiesem System kaum Zugang zu Bildung zu haben?
- Nicht mehr als 150 Euro im Monat zu verdienen?
- In einem Land zu leben, wo die durchschnittliche Lebenserwartung bei gerade mal 40 Jahren liegt?
- In einer strohgedeckten Hütte zu wohnen?
- Nicht komplikationslos aus seinem Land ausreisen zu können, und schon gar nicht in die westliche Welt?
- Der Korruption nicht entgehen zu können?
- In einem Land zu leben, das von einer sich selbst bereichernden Regierung geführt wird, ohne die Aussicht auf Veränderung?

Schwierig. Aus unserer Sichtweise sicherlich. Aber das sind nunmal die Lebensumstände in einem Entwicklungsland, mit denen man sich auseinandersetzen muss.

Ich zähle hier ganz klar zu den „Reichen“. Schon alleine deshalb, weil ich mir einen Flug hierher leisten kann, mal kurz 1 Mio Kwacha für ein Fahrrad hinblättere oder mir schnell ein neues Handy kaufen.

Einen gut gefüllten Einkaufswagen im Supermarkt vor sich her zu schieben – auch das ist Luxus in einem Land wie Sambia.
Ich habe oft beobachtet, wie offensichtlich arme Menschen mit leerem Korb minutenlang vor einem Regal stehen und nicht wissen, ob sie sich überhaupt eins der teuren westlichen Produkte leisten können.

Ich komme mir daher sehr dekadent vor (und es plagen mich auch immer noch latente Schuldgefühle), wenn ich meine Waren aufs Band lege und anschließend einfach meine Kreditkarte zum Zahlen zücke. Wobei vor und hinter mir oft höchstens eine Packung Brot oder Mehl gekauft und sich dabei sicherlich gewundert wird, wie man jemals so viel auf einmal einkaufen kann.
An der Tür des Supermarktes wird von Security-Personal der Kassenbon kontrolliert – außer bei uns Weißen: Wir können einfach so durch. Bei uns geht man automatisch davon aus, dass wir es nicht nötig haben, zu stehlen.
Und vor dem Supermarkt: Die vielen Bettler, die etwas ab haben möchten.

Als „Reicher“ hat man hier alle Möglichkeiten:
Private Gesundheitsversorgung, Zugang zu einer Kreditkarte, westliche Marken, unbehelligtes Reisen (für deutsche Staatsbürger gibt es fast keine Visaformalitäten zu erfüllen), Zutritt zu Hotellobbys und Shopping-Malls

Man darf bei aller Armut nicht unterschätzen, wie viele reiche Afrikaner es hier gibt. Vor allem in Lusaka und Livingstone fahren nicht gerade wenige dicke Schlitten auf den Straßen rum, teure Kleider werden getragen und es wird allerlei Geldwertes zur Schau gestellt.

Die neue gehobene Mittelschicht wächst und gedeiht und Lusaka zählt zu den Boom Towns Afrikas.

Auch meine Kollegen im Council haben alle einen Weg gefunden, ihr spärliches Gehalt aufzustocken. Und gehen dabei mit einer Kreativität vor, die ich nur bewundern kann.

Aus meiner Perspektive wird allerdings nur wenig für das Gemeinwohl getan und man lässt die Gesamtgesellschaft nicht oder nur wenig am wachsenden Wohlstand partizipieren. Hier unterscheidet sich das System doch gravierend von unserem sozialen Marktwirtschaftsprinzip. Auch wenn wir selbst über Werteverfall, wachsender Steuerlast für „den kleinen Mann“ und „die da oben“ schimpfen: Kein Vergleich zu Sambia. Ich sehe es jedenfalls als unverdientes Privileg in eine Gesellschaft, wie die unsere hineingeboren zu sein und möchte eben auch durch meine Mitarbeit bei VSO meinen Beitrag dazu leisten, ein wenig davon zurückzugeben und zumindest im Rahmen meiner Möglichkeiten zur Chancengleichheit beizutragen.

Und gerade in einer öffentlichen Einrichtung, die schon per definitionem dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll und von der so viele Menschen abhängig sind, macht es Sinn, eingerostete Strukturen einzubrechen und fachliches Know How einzubringen. Nicht zu vernachlässigen: Der Kampf gegen Korruption.

Hast Du einen Fernseher?
Nein. Und ich werde mir auch keinen anschaffen.



Wie ist es mit den ganzen fiesen Krankheiten, die man sich da unten einfangen kann?
Ich bin bisher (toi toi toi) verschont geblieben.

Bis auf die fiese Erkältung anfangs, kann ich mich nicht beklagen.
Nicht mal Durchfall hatte ich bisher.
In Sambia wird m.E. generell aber auch sehr auf Hygiene geachtet – vor allem bei der Zubereitung von Essen. In den letzten Jahren ist hierzu sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet worden.
Leitungswasser nutze ich nur zum Geschirr spülen und Zähne putzen – alles andere wird erst abgekocht und dann gefiltert und dann erst eingesetzt.
Pur trinken möchte ich es trotz Filterns trotzdem nicht (für Tee und Kaffee aber ok). Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig und es riecht oft stark nach Chlor. Da ständig irgendwo eine Leitung platzt oder ein Rohr bricht, kommt das Wasser in allen möglichen Farbnuancen aus dem Hahn.

Gerade beim Waschen von heller Kleidung muss man höllisch aufpassen, dass nicht plötzlich rostiges Wasser auf die weiße Bluse tropft.
Generell scheint es mir aber schon schon so, dass sehr viele Menschen recht jung sterben. Ständig ist mindestens die Hälfte unserer Belegschaft quer durch die Lande zu Beerdigungen unterwegs. Es kann aber auch sein, dass der Eindruck täuscht.
Wenn ich meine Kollegen frage, was denn die Todesursache war, bekomme ich oft nur schwammige Antworten. Ich muss noch herausfinden, woran das liegt. Sherlock Jose ist schon mitten in der Investigationsphase.
Ich kann mir vorstellen, dass während der heißen Sommermonate und der Regenzeit mehr im Umlauf ist, als jetzt im moderaten Winter.

Updates folgen.

Und HIV und Aids? Wie wird damit umgegangen?
Sensibles Thema.

Aufklärung ist überall. Alleine in Kalomo gibt es ca. 100 Schilder und Plakate, die aufklären und abschrecken sollen. Auch Motto T-Shirts sieht man allerorts.
Es finden ständig Workshops von allen möglichen Organisationen zum Thema statt und angeblich ist auch die Anzahl polygamer Ehen zurückgegangen (es bleibt nämlich meistens nicht bei den Ehefrauen – man(n) hat auch gerne noch die ein- oder andere Geschichte nebenher laufen).

Wie gerade junge Leute in Sambia zum Thema Partnerschaft stehen, habe ich noch nicht eruiert. Meine Kolleginnen und Kollegen wollte ich bisher nicht so offen fragen.
Es ist ja auch in unserer Gesellschaft nicht möglich, das „Paarungsverhalten“ zu pauschalisieren.
Aids-Tests kann man in fast jeder Praxis und Klinik machen lassen. Es gibt auch anonyme Kontakt- und Anlaufstellen.
HIV- und Aids-Policies werden aktuell im ganzen Land etabliert – vor allem, um Diskriminierung und Benachteiligung zu vermeiden.
Kondome sind so gut, wie überall erhältlich und werden z.T. auch kostenlos verteilt. Über das Nutzungsverhalten habe ich noch keine statistische Erhebung gesehen.
Das Thema an sich – wie alles rund um Sexualität – ist aber trotzdem tabu. Offen darüber geredet wird kaum. Man darf nicht vergessen, dass ein Großteil der Bevölkerung in sehr ländlichen Gebieten nach traditionellen Mustern und Riten lebt.
In der Gemeinde Kalomo sind nach Erhebungen aus 2007 ca. 15,6% der 200.000 Einwohner infiziert.
Eine ganz aktuelle Zahl gibt es leider nicht.

Welche Impfungen hast Du und wie schützt Du Dich gegen Malaria?

Mein Medikamentenköfferchen





























Im Tropenzentrum von Rotterdam hat man mir auf einen Schlag neun Impfungen verpasst:

- Gelbfieber (auch wenn Sambia keinen Nachweis erfordert, aber für den Fall, ich reise in andere afrikanische Länder)
- Tollwut (Booster – da ich schon eine Grundimmunität habe)
- Cholera
- Meningitis (Wirkstoffkombi gegen drei Erreger)
- Typhus
- Hepatitis
- Polio/Diphterie/Tetanus

Gegen Malaria nehme ich Malarone. Das leider teuerste, aber nebenwirkungsärmste Mittel.
Muss jeden Tag eingenommen werden und schützt bis zu 90%.
Zuvor habe ich über 5 Wochen Lariam ausprobiert, das wesentlich günstiger und nur 1xwöchentlich einzunehmen ist.
Mir war aber ständig schwindlig und Verdauungsprobleme hatte ich auch. Zudem war mir auch nicht wohl beim Gedanken, einen derartigen Hammer über einen so langen Zeitraum zu nehmen. Am Ende hätte ich wahrscheinlich vor lauter Hirngespinsten Nebenwirkungen entwickelt.

Es sterben immer noch sehr viele Menschen, vor allem Kinder, an Malaria, da oft zu spät mit einer wirkungsvollen Behandlung begonnen wird, oder schon andere Erkrankungen das Immunsystem stark geschwächt haben.

Eigentlich hatte bereits fast jeder Sambier, den ich bisher gefragt habe, mindestens einmal in seinem Leben Malaria. In mehr oder weniger schweren Verlaufsformen. Scheint hier so normal zu sein, wie bei uns die Grippe. Und wenn man wohl gleich effektiv behandelt, je nach Form auch gar nicht so dramatisch.

Bzgl. der Prophylaxe scheiden sich auch die Geister. So empfiehlt der Deutsche Entwicklungsdienst seinen Mitarbeitern, sich lieber gegen eine ausgebrochene Malaria behandeln zu lassen (Stand-by), wohingegen VSO zu einer Prophylaxe verpflichtet.

Da ich festgestellt habe, dass sich Mückenstiche, auch wenn man sehr vorsichtig ist, fast nicht vermeiden lassen (ich schlafe unter einem imprägnierten Moskitonetz, habe gerade für die Safari meine Hosen imprägniert und sprühe mich mit Repellent (DEED) ein. Und trotzdem habe mindestens 10 Stiche abbekommen), schlucke ich lieber jeden Tag ein rosarotes Pillchen und bin nicht ständig in Panik, mir Malaria eingefangen zu haben.

Und das ganze Viehchzeug?
Hält sich noch in Grenzen. Mein Haus beherbergt bisher kaum Kakerlaken – und wenn ich eine entdecke, sprühe ich sofort Gift auf das Krabbeltier und beobachte, wie es langsam verendet (meine schwarze Seele…).

Zur Abschreckung anderer Kakerlaken (ich bilde mir ein, es wirkt), lasse ich den toten Körper noch einen Tag lang an Ort und Stelle liegen.

Motten gibt es millionenfach und Moskitos spotte ich, jetzt wo es täglich wärmer wird, auch immer öfter.
Ansonsten sind eine Menge unidentifizierbare Käfer unterwegs, und gegen die Putzi-Fliege bügle ich wie wild.
Außer Rinder und Ziegen gibt es außerhalb der Nationalparks wenig von der Tierwelt zu sehen. Dafür in den geschützten Bereichen aber umso mehr.

Montag, 9. August 2010

Ein Montag

Kalomo



Montag, 09.08.2010

Ein Montag

Wieder einer dieser Montage:

Ich bin um 7:30 Uhr mit dem Chief verabredet, um die Confidential-Files zu checken und endlich mit der Sammlung fehlender Unterlagen zu starten: Der Chief hat natürlich keine Zeit, muss sich um eine Beerdingung kümmern. Dramatisch genug: Eine unserer Market-Cleanerinnen ist mit 32 Jahren kurz nach der Geburt ihrer Tochter gestorben.

In dem Fall organisiert das Council die Beerdigung und kommt für alle Kosten auf.

Um 9:00 Uhr habe ich ein Meeting mit dem C.S., um mit ihm das Management-Interview zu führen.

Dabei verkündet er mir, dass just in diesem Moment ein wichtiges Meeting einberufen wurde: DDCC (District Development Coordination Comitée) an dem ich unbedingt teilnehmen muss. DDCC setzt sich aus allen Managern der einzelnen Councils und NGO´s zusammen.

Ich breche also auf, um dem „Überraschungs“-Meeting beizuwohnen. In diesem Moment wird es aber wieder abgesagt und auf Donnerstag verschoben.

9:15 Uhr: Zurück in das Büro des C.S.: „Vielleicht können wir einfach mit dem Interview starten?“, „Oh, das ist jetzt ganz schlecht. Ich muss los nach Zimba – anderes wichtiges Meeting.“. War klar.

Ich habe schon vor Wochen vermutet, dass er sich drücken wird.

Diese Woche startet schon wieder grandios.

Zum Glück bin ich nach einem Wochenende des puren Nichtstuns tiefenentspannt.
Außer einer allerersten Tour mit meinem Rad habe ich NICHTS gemacht.

Apropos Rad: Die Gangschaltung habe ich irgendwie selbst mit Hilfe meines Schweizer Messers repariert und bin ohne Vorderbremse los gefahren. Ist gut gegangen.

Ich bin so froh, dass ich am Mittwoch nach Lusaka aufbreche, um dort die anderen Volunteers beim VSO-Call-Back zu treffen. Endlich wieder mal Austausch mit Gleichgesinnten.

Ein Blick ins politische Geschehen Deutschlands heitert mich für einen kurzen Moment auf: Christian Wulff bezieht seine Brötchen von einem hannoverschen Bäcker und nahezu die gesamte politische Welt beteiligen sich an der Diskussion, ob dies denn ob der Entfernung umweltpolitisch vertretbar und ökonomisch ist. Ja, gibt es denn keine guten Bäcker in Berlin?

Währenddessen erstickt Moskau gerade im Smog und die Bevölkerung Pakistans leidet an den Folgen der schwersten Überflutung in der Geschichte des Landes.
Kalomo District Council

Mein Büro

Mittwoch, 4. August 2010

Finance-Workshop

Kalomo E+N Lodge



30. Juli – 04.August


Management Workshop (Strategic Financial planning and Budgeting)

Hier ein paar Eindrücke aus dem Workshop.


























































Der C.S. war - wie sollte es anders sein - nur sporadisch anwesend. Wegen ihm wurde der Workshop allerdings 3x verlegt...

Ich frage mich langsam wirklich, ob ich es hier nicht evtl. mit einem wichtigen Manager von Microsoft oder Nestlé zu tun habe, so beschäftigt, wie der Mann ist.

Workshops sind generell ein schwieriges Thema.
Einerseits ist die Disziplin oft fragwürdig und für den Trainer eine echte Herausforderung. So kommt fast niemand pünktlich, Pausenzeiten werden nicht eingehalten, das Handy vibriert ständig etc..
Alexandra fragt mich oft, ob ich denn glaube, die Teilnehmer haben die Inhalte verstanden. Ich kann es nicht einschätzen.

Kommt es zu Gruppenarbeiten, möchte niemand so recht die Ergebnisverantwortung übernehmen oder fordert seine Kollegen, die mal wieder nicht der Gruppe beiwohnen, auf, sich mehr zu engagieren.

Andererseits läuft es aber auch sehr professionell ab. Alle beherrschen die gängigen Präsentationstechniken. Der Trainer muss nicht lange bitten, bis sich Freiwillige zum Präsentieren der Ergebnisse finden und es kommen oft brillante Vorschläge.

Jeder, der in Sambia an Workshops und Trainings teilnimmt, hat Anspruch auf sog. „Allowances“ – dadurch hat der Mitarbeiter oft die Möglichkeit, sein Gehalt nochmal aufzustocken.

Sind die Allowances nicht hoch genug, taucht man einfach nicht auf.

Wir haben für diesen Workshop die Regel aufgestellt, dass es nur dann eine Allowance gibt, wenn Lunch auch im Trainingszentrum eingenommen wird.