Mittwoch, 23. Juni 2010

Afrika - ich komme...




Köln
Donnerstag, 17. Juni 2010
– noch drei Tage bis zum Abflug: Der Countdown läuft.
Schafskälte
Ein Auszug aus dem Tagesprogramm des 17. Juni…


…Ich habe endlich das „Go“ von meiner Krankenkasse für das Malarone-Rezept.

Man wundert sich manchmal: Sowohl meine Ärztin als auch ich haben mehrfach versucht, die zuständige Sachbearbeiterin zu erreichen, da lt. Call Center nur sie Auskunft über die Kostenübernahme der Malaria-Prophylaxe geben kann. Nachdem mit viel Diskussion auch ohne diese Dame alles geklärt ist, hinterlässt sie mir doch tatsächlich eine Nachricht auf der Mailbox, dass sie mir zum Thema „Reiseimpfung“ gerne Auskunft erteilt. Hä?
Jetzt schnell zur Apotheke, damit noch bestellt werden kann.

…Kein Abflug nach Afrika, ohne noch einmal den kongenialen Milchreis vom Kaufhof gegessen zu haben.

…Tschööö zu Vatter Rhein und rein zu Globetrotter. Seidenschlafsack, Reisestecker und Bücher stehen noch auf der Einkaufsliste.

…Die erste wirklich große Krise kommt bei erstem Kofferpackversuch. Wo ist mein Assistent? Und warum passt nicht alles rein? Lt. Reiseunterlagen kann ich 2x 23 Kilo mitnehmen. Das schaffe ich niemals… Und wer räumt die Wohnung auf? Und geputzt werden muss auch noch… aaaaahhhhhh!!!!

…Durchatmen, erst mal Schlafen. Morgen ist ein neuer Tag. Neuer Tag - neues Glück.


Köln
Freitag, 18. Juni 2010 – noch zwei Tage
Immer noch kalt.


…Jetzt wird erst mal die Wohnung geputzt. Wie war das? In einer sauberen Wohnung wohnt auch ein sauberer Geist?

…Ein letztes Mal Step-Aerobic. Wie sieht mein zukünftiges Sportprogramm in Afrika aus? Kann ich dort unbehelligt joggen? Ich nehme zumindest meine Yoga-Matte mit.

...Erneuter Anlauf, den Koffer zu packen. Ich habe – ehrlich gesagt - immer noch keine Idee, wie all die Haufen auf meinem Boden in Koffer und Rucksack passen sollen. Erst mal eine Fassbrause, um die Gemüter zu beruhigen.

…Serbien vs. Deutschland im Stadtgarten. Verloren. So ein Mist! Für heute hat sich´s wohl „ausgeschlandet“

…Jetzt schnell mit meiner Kollegin zum Autohaus, um dort das Auto abzuholen und an sie zu übergeben. Mein Golfi,nein, was haben wir für schöne Fahrten unternommen…

…Resignationsgedanken beim dritten Packversuch. Nächste Fassbrause (sonst muss Papas Schnaps her…)

…Auf ein schnelles Frustbier ins Ehrenfeld und weiter geht’s.

…Ich muss aussortieren. Hilft sonst alles nichts.



Köln
Samstag, 19. Juni 2010
Letzter Tag


Es ist nicht nur kalt, nein, es regnet auch noch…
Total übermüdet und ausgepowert kehrt langsam Ruhe ein. Ich packe weiter vor mich hin, unterbreche kurz, um kurz joggen zu gehen. Für Mittags haben sich Mama, Papa und Doro angekündigt. Außerdem werde ich Stephanie, meine Zwischenmieterin treffen, um ihr die Schlüssel für meine Wohnung zu übergeben.

Insgesamt haben wir alle zusammen einen entspannten und schönen Tag, den wir beim Italiener auf der Aachener ausklingen lassen.

Na ja, nicht ganz. Nachdem ich bei British Airways online eingecheckt habe, stelle ich fest, dass ich 3 Gepäckstücke à 23 Kilo mitnehmen darf. Das verändert und entschärft erfreulicherweise die Packsituation. Also los zu Aldi, Reisetasche gekauft und alles neu verteilt. Oh Gott, wie soll ich das alles heil nach Sambia bringen? Egal. Wird schon. Dank Sabrina kann ich einiges an Gespäck in ihr Auto umladen, sodass im Auto meiner Eltern genug Platz für uns und mein Reisegepäck ist.

Nachts um zwei sind wir, dank Mamas Hilfe, endlich fertig und fallen todmüde ins Bett.



Köln-Heathrow
Sontag, 20. Juni 2010
Es geht lohos!


Nachdem weitere 20 Gepäckstücke in Sabrinas Auto verladen sind, haben wir Zeit, noch lecker im Bastians zu frühstücken. Kurz vor 11 Uhr brechen wir auf in Richtung Frankfurter Flughafen. Mein Flug geht um 14:30 Uhr, sodass wir noch ein bisserl Zeit haben, uns in aller Ruhe zu verabschieden.

Und ab geht’s Richtung Afrika!

Heathrow übertreibt es natürlich mit den Sicherheitskontrollen. Die Schlangen sind mal wieder ewig lang und mir reißt mein schweres Handgepäck fast die Schulter ab.

Mit der Mitnahme von Flüssigkeiten scheint man es, trotz unzähliger Hinweisschilder, nicht mehr allzu ernst zu nehmen. Ich lasse mein Beutelchen einfach mal in der Tasche, um zu sehen, was passiert. Es passiert nichts. Auch meine 200ml Sagrotan beanstandet niemand.
Gammle ein paar Stündchen im Transitbereich rum. Um mir ernsthaft Gedanken über meine Zeit in Afrika zu machen, bin ich viel zu kaputt.

Die alten Briten schaffen es in der Tat immer wieder, mich zu begeistern. Mein Granatapfelsaft trägt die Aufschrift: „Zero fat, No nasties“. Einfache Aussage – jeder weiß, was gemeint ist.

Die hochtechnisierte FAQ-Anzeigetafel klärt zwischenzeitlich über Gebets- und Meditationsmöglichkeiten am Flughafen auf, lässt uns Passagiere aber im Ungewissen, an welchem Gate zum Weiterflug eingecheckt wird.

Nachdem ich herausgefunden habe, wo ich hin muss, geht’s auch schon reibungslos weiter Richtung Lusaka.
Faszinierend, dass auch Maschinen zu solchen Destinationen immer wieder ausgebucht sind. Ich frage mich, wer, in Gottes Namen, noch alles nach Zambia reist. Es sitzen außergewöhnlich viele Europäer und Amerikaner mit an Bord.

Bei meinem Sitznachbarn handelt es sich um einen pubertierenden amerikanischen Schüler, der mit seiner Klasse an einem Schüleraustausch teilnimmt. Er wird an einer Schule in Lusaka hospitieren und im Anschluss mit Lehrern durchs Land reisen. Respekt! Sehr mutig mit 17 mal kurz von Washington D.C. nach Afrika zu reisen. Seine Reise nach Sambia dauert insgesamt auch seine 24 Stunden…

Das Entertainmentprogramm der BA ist nicht schlecht. Fast alle neuen Kinofilme werden gezeigt. Ich bin leider nur so kaputt, dass ich sowohl bei Alice im Wunderland als auch während Shutter Island (scheint spannend zu sein) einschlafe…



Lusaka
Montag, 21. Juni 2010

Kwacha


Morgens um 6 landen wir in Lusaka, der Hauptstadt Zambias

Ein sehr überschaubarer und zweckmäßiger Flughafen – wie erwartet. Die Passkontrolle dauert seine Zeit - ich stehe natürlich in der falschen Schlange…
Ein wenig Verwirrung ob meines in Berlin ausgestellten Visums kommt auf, aber am Ende geht alles klar und der Stempel ist im Pass. Bis ich durch bin, läuft auch schon das Gepäck übers Band. Immer wieder ein banger Moment. Was tun, wenn das Reisegepäck weg ist? Ich kann aufatmen - alles ist da. Ein Australier neben mir fragt mich, ob ich vor habe, nach Zambia auszuwandern. Kein Wunder, wenn man mich mit meiner Bagage sieht.

Thomas, mein Pick Up von VSO wartet schon auf mich und hält eins dieser Schilder in die Höhe. Normalerweise schiebe ich immer an den wartenden VIP-Abholern vorbei. Aber heute ist mein Tag gekommen: Diesmal kann ich auch mal wichtig die Hand heben und so tun, als ob. Ha!

Als erstes überreicht mir Thomas einen Umschlag mit ziemlich vielen Kwacha, der sambesischen Währung, einigen Informationen und einer Packung Kondome. Die HIV- und Aids-Rate ist in Sambia, wie fast in allen afrikanischen Sub-Sahara-Ländern sehr hoch. Dazu werde ich an anderer Stelle mehr berichten.
10.000 Kwacha entsprechen aktuell 1.58 Euro. Also kann man sich ungefähr vorstellen, mit welchen Geldbündeln ich hier hantiere.

In meinem Umschlag befindet sich auch der Plan für die nächsten zwei Tage:
Heute nur noch Lunch mit George, meinem zuständigen Programme Manager . Der Nachmittag steht mir zur freien Verfügung, damit ich mich ein bisschen ausruhen kann. Dafür steht aber für morgen einiges auf dem Programm.

Die Rush-Hour in Lusaka unterscheidet sich kaum von der in Köln. Wir brauchen ewig bis zum Hotel.
Ich bin im „Lusaka-Hotel“ untergebracht. Lt. Lonely Planet (natürlich habe ich das Standardwerk im Gepäck) das einzige Hotel in der Innenstadt und offensichtlich auch das Älteste. Seine besten Zeiten scheint es jedenfalls hinter sich zu haben. Ich bin froh, über ein eigenes Zimmer mit Bad zu verfügen, in dem ich erst mal das Chaos walten lassen kann, bis ich mich wieder neu organisiert habe.

Ich checke erst mal ein, besorge mir auf Empfehlung von Thomas bei „Zain“ eine SIM-Karte und fahre dann in die „VSO-Zentrale“. Ein doch recht imposantes Gebäude, das in der Vergangenheit als Hauptsitz der staatlichen Rentenversicherung diente.
Allerdings sind heute alle ausgeflogen, sodass Thomas mich wieder zurück in die Innenstadt bringt.
Natürlich komme ich nicht umhin, mir als allererstes einen großen Supermarkt (Shoprite) von innen anzusehen, bevor ich wieder abgeholt werde, um mich mit meinem Hauptansprechpartner George zum Lunch zu treffen.

Shoprite scheint hier die größte Supermarktkette zu sein. Riesig und mit fast allem ausgestattet, was man so zum täglichen Leben braucht. Ich bin begeistert. Verhungern werde ich nicht und Zahnpasta gibt’s hier auch. Ich frage mich allerdings, wer sich diese Produkte leisten kann. Wie ich gehört habe, liegt hier das durchschnittliche Einkommen bei weniger als 70 Euro im Monat… Die Preise entsprechen denen in Deutschland und wir jammern immer schon, wie teuer alles ist.



Ein Blick durchs Straßenbild: Viele Mittelklassewagen und Jeeps, vor allem japanischer Marken, verstopfen die Straßen. Daneben eilen einige Männer und Frauen in Anzug über die Bürgersteige. Sobald man aber die Kairo-Street, die Hauptstraße, die durch Lusaka führ, verlässt, hat man ein anderes Bild, und zwar das, vieler vieler offensichtlich sehr armer und perspektivloser Menschen.

Die Kairo-Street wurde zu Kolonialzeiten übrigens so ausgerichtet, dass sie eine direkte Verbindung von Kapstadt nach Kairo darstellen kann. Diese Pläne wurden allerdings nie verwirklicht.

Es ist Zeit, für meine erste To Do-Liste:

• Bankkonto eröffnen
• Immigration/Work Permit klären
• Fussball am Mittwoch arrangieren
• Kontakt zu anderen Volunteers aufnehmen
• Unterkunft in Kalomo erfragen
• Hand-Outs lesen
• Internet-Zugang auskundschaften

VSO ist gerade mitten in der Planungsphase, sodass ein Meeting nach dem anderen angesetzt ist. Ich treffe mich mit George in einer sehr netten Lodge zum Lunch, wo ich auch noch Zeuge des furiosen 7:0 Portugal vs. Korea werde.

George erklärt mir bei der Gelegenheit oberflächlich die Struktur des District Council, sodass ich zumindest einen vagen Eindruck der Organisation bekomme. Mein Line-Manager in Kalomo wird Mr. Mungalu, der Council Secretary (Bürgermeister) sein. Ich soll ihn am Mittwochmorgen treffen.

Nach meinem Kennenlernen mit George fährt mich Thomas wieder zurück ins Hotel, wo ich mich endlich aufs Ohr lege. Feierabend für heute.




Lusaka

Dienstag, 22. Juni 2010

Meetings, Meetings, Meetings

Wetter: Sonnig, ein paar Wolken, 20 Grad

Wirklich gut geschlafen habe ich nicht – es wurde die ganze Nacht hindurch gestaubsaugt. Warum auch immer…

Mein Programm für heute lautet:

9:30 Introduction to VSO Staff / Jackline
10:30 Admin session/Logistics and Security / Elina und MauriceHier erfahre ich u.a., wie ich mich am besten vor Malaria und anderen vermeidbaren Krankheiten schützen kann. Aber auch, dass es von VSO untersagt ist, nach 18 Uhr, also nach Einbruch der Dunkelheit, zu reisen (schlechte Straßenverhältnisse, katastrophaler Fahrstil in Schrottkaleschen, Tiere auf der Straße etc.). Außerdem darf nicht nach Angola und in den Kongo gereist werden, da ebenfalls zu gefährlich. Der Kongo gehört im Übrigen zu den 5 gefährlichsten Ländern der Erde mit einer der höchsten Korruptionsraten.

Ich lerne auch, dass Kwachas üblicherweise mit „Pin“ abgekürzt werden. 10.000 Kwacha = 10 Pin. Macht bei den Millionenbeträgen auch Sinn.

11:30 Persönliches Meeting mit George, meinem VSO Programme ManagerBei der Gelegenheit eröffnet mir George, dass ich doch nicht, wie geplant, am Mittwoch nach Kalomo aufbreche, sondern erst am Freitag.
Meine Unterkunft, also mein „Haus“, sei noch nicht fertig – es müssen noch Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Außerdem sei Mr. Mungalo, der Council Secretary, auch gerade auf dem Weg nach Lusaka und hätte keine Zeit, mich zu treffen. So mache es Sinn, noch ein Weilchen in Lusaka zu verweilen. Ich habe nichts dagegen einzuwenden.

George konnte mir auch bzgl. meines Urlaubsanspruchs eine gute Nachricht überbringen: Normalerweise hat man Anspruch auf 2 Tage Urlaub pro Monat. Im öffentlichen Dienst sind aber drei Tage/Monat Regel. Och, da beschwere ich mich doch nicht! Wie ich wann Urlaub nehme, bespreche ich am besten mit Mr. Mungalo, wenn ich ihn dann persönlich kennen gelernt habe. Feiertage gibt es auch einige: Gleich nach dem ersten Juli-Wochenende gibt es zwei Tage frei – Heroes Day! Vielleicht nutze ich die Zeit, mir die Viktoria-Fälle anzuschauen.

Um 13 Uhr treffe ich mich dann zum Lunch mit Elina im renommierten Lusaka-Club. Hier trifft sich die Business-Welt zum Essen und Geschäfte-Machen. Man möchte schließlich unter sich sein. Jetzt weiß ich aber zumindest, wo die Deutsche und Amerikanische Botschaft zu finden ist – nämlich direkt um die Ecke. Man weiß ja nie… Das indische Curry jedenfalls war lecker.

14:30 Introduction to Corpmed in Kairo Street - der Klinik, die im Notfall für mich zuständig ist.
Dort scheint man immerhin großen Wert auf Hygiene zu legen: Es riecht stark nach Formaldehyd… und falls nix mehr geht, wird von hier aus auch für einen Transport nach Südafrika oder Europa gesorgt. Die gute Ausstattung hängt allerdings damit zusammen, dass es sich um eine Privatklinik handelt.
80% der Menschen hier haben kaum oder keinen Zugang zum Gesundheitswesen. Die meisten öffentlichen Kliniken verfügen weder über steriles Spritzbesteck noch ausreichend Medikamente, da nahezu alle Hilfslieferungen auf dem Schwarzmarkt landen, oder schlicht kein Geld da ist. Auch hierzu werde ich an anderer Stelle mehr berichten.

Um 16:30 Uhr soll ich mich schließlich schon mit Helen und Dan vom VSO-Commitee treffen.

Das VSO-Commitee ist sozusagen die Vertretung der Volunteers in jeder Provinz Zambias, in der VSO vertreten ist (Eastern + Southern Province und Lusaka). Für Lusaka sind das Helen und Dan, zwei Engländer, die schon seit einiger Zeit für VSO tätig sind. Beide haben schon einiges an Erfahrung gesammelt und können mir wertvolle Tipps mit auf den Weg geben.

So ist es z.B. für Frauen in abgelegeneren Landesteilen üblich, ein „Chitenge“, eine Art Sarong zu tragen. Alles ab Bauch abwärts und bis zum Schienbein sei sozusagen Objekt der Begierde. Nun gut. Fast alle meine Röcke gehen bis zum Knie – also wohl ein no go in Kalomo. Ich lasse mich überraschen. Ansonsten schlinge ich mir mein Fiji-Tuch um die Hüften und werfe dieses wieder ab, sobald ich im Büro bin.

Helen klärt mich auch über die sog. MTN-Card auf. Ein USB-Stick mit dem ich ins Internet kann. Ich bekomme diesen für 150.000 Kwacha Pfand im VSO-Office.

Für einen herzhaften Lacher sorgte auch meine Wohnsituation. Ich soll lt. George in einem Haus untergebracht werden. Aber dieses Haus wird noch gestrichen und das Dach muss noch repariert werden. Meine Support Managerin Carol meint, man lasse dem Vermieter noch Zeit bis zum 1. Juli – ab dann müsse alles fertig sein. Die alten Volunteer-Hasen haben über diese Aussage sehr geschmunzelt und mich schon zu einer Party verpflichtet, falls es ungeahnterweise zu einem Einzug in dieses Haus kommen sollte. Taruk, der Volunteer, der vor mir in Kalomo zuständig war, hat 12 Monate darauf gewartet, einziehen zu können und ist mittlerweile wieder zurück auf die Philippinen…ABER: Er hat in dieser Zeit über 30 Kilo abgenommen, da er sich in der Pension, in der er untergebracht war, nichts kochen konnte. Das sind eigentlich gute Aussichten, wenn ich darüber nachdenke…

Beware of Viruses! – Ein weiterer wertvoller Hinweis. Da wohl in Sambia kaum ein Rechner mit Anti-Viren-Programmen ausgestattet ist, sind fast alle Datenquellen verseucht. Mir wird ans Herz gelegt, alle Dateien auf Viren zu prüfen, bevor ich irgendetwas öffne.
Zum Dinner verabreden wir uns beim Inder. Mein Magen hat an diesem Tag zwei Mal Curry recht gut verkraftet.


Exkurs Arbeitserlaubnis:

Komplizierte Angelegenheit. Obwohl mir in Berlin ein 3-Monats-Visum ausgestellt wurde, zählt dies nach Einreise nicht mehr. VSO kann, da ich nur für kurze Zeit im Land arbeiten werde, erst eine Arbeitserlaubnis beantragen, sobald ich mich tatsächlich im Land befinde. Als Nachweis für die Beantragung bekomme ich eine Quittung von der Einwanderungsbehörde, die ich immer mit mir führen muss. Erfahrungsgemäß kann es ewig dauern, bis mir eine Arbeitserlaubnis erteilt wird. Oftmals klappt es vor Abreise nicht, sodass das Monatsvisum vierwöchig verlängert werden muss.
Problematisch wird es aber erst, wenn ich zwischenzeitlich aus dem Land ausreise.

Bei Wiedereinreise nach Sambia werde ich dann wohl ziemlich zur Kasse gebeten. Darum geht es wahrscheinlich auch. Ich gehe einfach vom Besten aus und hoffe, in den nächsten Wochen die Arbeitserlaubnis persönlich in Lusaka abholen zu dürfen…Ansonsten muss ich Kwachas sprechen lassen.


Lusaka
Mittwoch, 23. Juni 2010


Um 10 Uhr bin ich mit Frida, der Country-Direktorin verabredet. Sie gibt mir ein paar Hinweise und Ratschläge mit auf den Weg. Nach ihrer Ansprache „and you know, you´re an Ambassador for VSO“ , ist Zeit, persönlicher zu werden. Wir verstehen uns auf Anhieb. Sie scheint aktuell etwas jobmüde zu sein und wünscht sich sehr, beruflich weiterzukommen. Am liebsten würde sie für VSO in Europa tätig werden. Ihr Mann ist Mathematiker und könnte überall Arbeit finden. Sie macht den Job bereits seit 9 Jahren und brauche eine Veränderung. Also auch hier ähnliche Themen, wie zu Hause.

Zwischen Tür und Angel instruiert mich George, mir noch eine aufladbare Lampe, am besten bei „Games“ im Shopping-Center, zu besorgen.
Die Elektrizitätswerke in Kalomo haben wohl beschlossen, allabendlich den Strom für ein paar Stunden abzuschalten. Da es schon gegen 5/6 Uhr dunkel wird, wäre es doch schön, eine Orientierungshilfe zu haben.

Nach meinem Chat mit Frida wartet bereits Erika auf mich, um mir bei der Kontoeröffnung behilflich zu sein.
Wir fahren zur Zanaco-Bank, die auch in Kalomo eine Filiale haben soll. Eine Kontoeröffnung der ganz anderen Art: Wir stellen uns VOR der Bank vor einem kleinen Pult an, wo ein paar Angestellte im wilden Durcheinander und wie am Fließband „Quick-Konten“ eröffnen. Ich fülle ein kleines Formular aus, mein Reisepass wird per Handy abfotografiert, ich ziehe im Copy-Shop nebenan ein paar Kopien vom Pass und bekomme umgehend ein Umschlag samt glitzernder Kreditkarte und Pin ausgehändigt. So einfach kann’s gehen. Der „Schalterbeamte“ hätte sogar fast noch den Umschlag mit meiner Pin geöffnet - natürlich nur, um mir zu zeigen, wo sie steht - , so dienstleistungsorientiert ist man hier.
Da in Sambia kaum jemand Internet-Zugang hat und die Post auch eher unzuverlässig ist, ist Phone-Banking sehr populär. Ich bekomme zusätzlich eine PIN, mit der ich mich per Handy in meine Bankdaten einloggen kann. So sehe ich immer meinen aktuellen Kontostand und kann hierüber auch Bankgeschäfte tätigen. Sehr sicher scheint mir diese Methode zwar nicht zu sein, aber praktisch ist sie schon. Sozusagen „SMS-Banking“.

Nach der Kontoeröffnungsprozedur mache ich mich auf, ein schönes Plätzchen zum Fussball-Gucken zu finden. Leider werde ich herb enttäuscht: Public Viewing kennt man in Sambia nicht und Kneipen/Cafés, wie man sie bei uns kennt, habe ich ebenfalls noch nicht entdeckt. Also schaue ich das Deutschland-Ghana-Match mit einer Flasche Bier und Gummibärchen im Hotelzimmer.
Schlaaaand, Schlaaaaaaaaaaand, Schlaahaaaaand, Schlahaaaaaaaaaand! Geht doch. Immerhin 1:0 gegen Ghana. Muss Mutti erst höchstpersönlich nach Afrika kommen, damit das klappt…



Lusaka
Donnerstag, 24. Juni 2010

I Shop, therefore I am


Heute steht Shopping auf dem Programm. Ich lasse mich von unserem Taxi-Fahrer Joseph zur berühmt-berüchtigten Shopping-Mall „Manda-Hill“ bringen. Alle schwärmen von den Shopping-Möglichkeiten Lusakas, sodass ich mich selbst davon überzeugen möchte. In der Tat hat Manda-Hill eine beachtliche Größe und wird aktuell um die dreifache Fläche erweitert. Wie ich finde, ist diese Mall trotzdem nicht mit unseren Einkaufszentren zu vergleichen, da man hier kaum Markenvielfalt findet und fast alle Shops das gleiche Sortiment im Angebot haben. Qualitativ hochwertige Ware ist kaum zu finden, die Meisten Produkte stammen aus China und Indien und sind dementsprechend verarbeitet.

Bei Game werde ich fündig, was meine Suche nach Bettlaken und einer aufladbaren Lampe betrifft.
Bei Shopride kaufe ich noch Müsli, da ich mir kaum vorstellen kann, dass ich so etwas in Kalomo bekomme.
Wenn man so durch die Regale blickt, fällt auf, dass Nestlé, Danone und Unilever sehr stark, wenn nicht sogar marktführend, vertreten sind. Ganz schön komisch die Vorstellung, dass ein großer Teil des Weltmarkts für Kosmetik und Lebensmittel an ein paar Konzernen hängt.
Naturbelassene Produkte gibt es ja schon daheim in Deutschland immer weniger – aber hier findet man fast gar nichts mehr. Wenn man die Zutatenliste liest ist alles klar.

Nach diesem kleinen Ausflug begebe ich mich zurück ins VSO-Büro, um Mails zu checken und Bilder hochzuladen.

Abends treffe ich mich mit meinem zukünftige Mitbewohner John, einem jungen Kerl aus Uganda. Er ist mit einigen anderen Council-Spezis angereist, um mich morgen nach Kalomo zu bringen.
Da er schon seit ca. vier Monaten als Financial Planner/Auditor im Council tätig ist, kann er mir ein paar erste Infos zur Struktur der Gemeinde geben. Was er immer wiederholt, ist, dass Kalomo wirklich sehr „rural“ und „poor“ strukturiert ist. Ich soll mir ja nicht zu viel vornehmen.
Was mich allerdings wundert ist, dass jemand, der selbst aus einem afrikanischen Entwicklungsland kommt, in ein anderes Entwicklungsland geht, um dort Aufbauarbeit zu leisten.

Morgen zwischen 10 und 11 Uhr soll ich am Hotel abgeholt werden.