Montag, 13. September 2010

Mädels, Finger weg vom Alkohol

Mädels, Finger weg vom Alkohol


Samstag, 11. September 2010

Idah, eine meiner Kolleginnen hat mich zum Girls-Braii eingeladen. Ob ich denn auch Lust hätte, vorbei zu kommen. Klar, warum nicht?

Die sambischen Einladungs-, Gast- und Gastgeberregeln habe noch nicht ganz durchschaut.

Einladungen zum Essen finden sehr selten statt. Es scheint eher normal zu sein, zur Abendessenzeit spontan vorbei zu schauen.

Es ist für mich auch immer wieder irritierend, von Kollegen zu hören „One day I will invite you for dinner.“ Was heißt das? Ist das eine Einladung oder folgt darauf eine? Konkreter ist es noch nie geworden.

Neulich habe ich ein paar meiner Kollegen zum Afternoon-Tea eingeladen. Ein paar Kekse, Kuchen, Kaffee und Tee, da kann man nicht viel falsch machen.

Diese Einladung schien für meine Kollegen aber eher irritierend zu sein. Keiner hat konkret zugesagt, also habe ich auch nichts mehr verlauten lassen.

Dahingegen werde ich aber oft gefragt, wann man ich denn mal zum Abendessen einlade. Ich entgegne dann ebenfalls: „One day I will invite you for dinner…“.

Wie ich auch schon häufiger gehört habe, scheint der Gastgeber seine Rolle so ernst zu nehmen, dass er sich im Vorfeld unglaublich viele Sorgen macht, es könnte nicht schmecken, nicht gefallen, die Gäste könnten nicht satt werden und enttäuscht nach Hause gehen.

Das hält ihn davon ab, vor allem uns Volunteers einzuladen. Wir sind sicherlich besseres gewohnt aus unseren Heimatländern und wollen lieber chic essen, denkt er.

Wenn sich denn mal eine solche Gelegenheit bietet nehme ich doch selbstverständlich die Einladung zum Braii an – vielleicht bringt mich das etwas näher an die sambische Essenskultur.

Braii ist das afrikanische Pendant zum Barbecue. Meine Frage, was ich denn mitbringen soll, irritiert Idah allerdings. „Anything you want.“…

Aha. Es scheint also auch nicht üblich zu sein, zum Grillen etwas mitzubringen.

Ich, als Saarländer natürlich Grillexperte, bereite ein paar Salate zu und backe einen Kuchen. Man weiß ja nie.

Idah will mich um 14 Uhr zu Hause abholen. Als sie mit Fahrer vorbei kommt, verschlägt es mir fast die Sprache: Sie ist aufgemotzt bis zum Anschlag. Ich, natürlich in Samstags-Nachmittags-Grill-Montur, im Vergleich komplett underdressed.

Irritation löst auch mein Beitrag zum Grillen aus: What did you prepare? Oh! That´s interesting!

Hm. Langsam beschleicht mich das Gefühl, ich habe die Einladung komplett falsch verstanden und wir grillen gar nicht…

Das Girls-Braii findet auf unserem Sports-Ground statt (wir erinnern uns: Dort wird freitags nachmittags auch gesportelt, wenn denn jemand auftaucht).

Daneben gibt es eine Bar, das „Toppers“, aus der schon laute sambische Pop-Musik dröhnt.

Wir setzen uns auf die Mauer davor und warten, wie die Hühner auf der Stange, bis die anderen Girls aufschlagen. Nach und nach trudeln die Mädels ein. Alle wirklich zurecht gemacht, wie zum Samstags-Abend-Clubbesuch.

Es scheinen sich nicht alle zu kennen: Es wird getuschelt und getrascht und von oben bis unten begutachtet. Und die Frau J. mitten drin statt nur dabei…

Als alle da sind, geht´s bei schönstem Samstag-Nachmittag-Wetterchen rein in die dunkle Bar.

Nun beantworten sich auch meine Fragezeichen:

Die Veranstaltung ist ausgelobt von unserem Council und soll als Socialize-Plattform für die Frauen in Kalomo dienen, vor allem die neu zugezogenen. Ein Nachmittag ohne Männer, der Möglichkeit, Probleme mal für einen Moment zu Hause zu lassen und ausgelassen miteinander zu feiern. Eine gute Idee, wie ich finde.

Wie immer erfährt man solche Details nebenbei. Aber daran habe ich mich ja schon längst gewöhnt.

Zum Rahmenprogramm gehören Tanzen, Wetttrinken und Schönheits-Wettbewerb.

Nach den ersten paar Bier werden die Mädels warm und tanzen, was das Zeug hält. Die Muzungu hat natürlich keine Chance, sich dem Ganzen zu entziehen und schwingt ebenfalls das Tanzbein.

Es soll später auch etwas zu Essen geben. Das Braii an sich steht also nicht im Vordergrund.

Glücklicher wäre der Nachmittag verlaufen, wenn es ERST etwas zu Essen gegeben hätte und eine Grundlage für Alkohol geschaffen worden wäre.

Bei 30 Grad und nüchtern zum Trinkwettbewerb aufzufordern, war wohl auch nicht die beste Idee.

Zwei Jungs, die auftragslos vor der Bar rumhängen, werden reingebeten, um als Jury zu fungieren, während die Grazien auf dem Catwalk posieren (zur Celine-Dion-Endlosschleife – bei diesem Programmpunkt entziehe ich mich).

Leider sind die Mädels schon ziemlich angetrunken und ein Streit eskaliert, als der Schönheitswettbewerb nicht so verläuft, wie sich das die ein- oder andere vorgestellt hat.

Die Drittplatzierte, die sich als rechtmäßige Siegerin sieht, geht plötzlich wie eine Furie auf die Erstplatzierte los. Da fliegen mal richtig die Fetzen – wie im Karnevalszelt in Köln-Chorweiler.

Als sie ihren Stöckelschuh als Waffe einsetzen möchte, um auf die andere einzudreschen, greifen die Zuschauer ein. Wer weiß, wie das Ganze sonst ausgegangen wäre.

Im Eifer des Gefechts reißt ihr auch jemand das T-Shirt vom Leib, sodass sie eine Weile barbusig weiterkämpft.

Zwischendurch drück mir jemand das Handy der Kämpferin in die Hand, damit es in den Turbulenzen nicht zu Bruch geht. Schlechte Idee.

Als ich kurzerhand beschließe, den Hühnerhaufen zu verlassen, um noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zu verschwinden, fällt mir kurz vor meiner Haustür auf, dass ich ja noch dieses blöde Handy in der Tasche habe.

Was tun? Zwischenzeitlich ist es dunkel geworden, heißt, ich kann aus Sicherheitsgründen die 20 Minuten nicht mehr alleine zum Sportplatz zurück laufen. Das Handy klingelt ununterbrochen und ich habe keine Lust, mitten in der Nacht Besuch von den Kumpels der Dame zu bekomme, die das Handy abholen wollen.

Da ich kein Taxi finde, das mich zurück bringt, rufe ich einen meiner Kollegen an und schildere ihm die Situation. Er kennt zum Glück jemanden, der mich zum Sportplatz bringen kann.

Die Bar ist mittlerweile auch voll mit ziemlich angetrunkenen Typen, die Musik immer noch ohrenbetäubend und die Mädels mittlerweile wieder miteinander versöhnt. Zum Glück.

Ich übergebe das Handy und mache mich wieder auf nach Hause.

Kaum zu fassen, es ist erst 20 Uhr…

Wetttrinken
Drittplatzierte

Gewinnerin (in Gelb)