Montag, 30. August 2010
Glasszaun
Kalomo,
Sonntag, 29.08.10
Nachdem Johanna Kalomo schon wieder verlassen hat, schwinge ich mich aufs Rad´l und erkunde diesmal die Gegend rechts der Hauptstraße. Bald kenne ich alle Scheichwege der Umgebung - und mich kennen alle, die auf diesen Schleichwegen unterwegs sind.
Als ich letzten Montag ins Büro kam – ich was das Wochenende in Kalomo geblieben und bin Sonntags die Hauptstraße entlang geradelt – haben mich offensichtlich ALLE Kollegen gesehen.
“Uuuh Christiana, you were riding your bicycle along the road! Hi, hi, hi!“ Ach ne. Noch nie n´ Muzungu auf´m Rad gesehen, wa?
Leute, man glaubt es nicht, am Freitag hat mich doch tatsächlich eine Postkarte aus Thailand erreicht! Und da sage noch einer, die sambische Post bekommts nicht gebacken.
Klar, meine Adresse ist etwas ungewöhnlich – ohne Straße, Hausnummer und Postleitzahl. Braucht man aber auch gar nicht. Es gibt hier keine Briefträger, die morgens die Post in den Briefkasten werfen und für die man extra eine Orientierungshilfe einführen müsste. Alles bürokratischer Schnickschnack.
Das System funktioniert hier ein bisschen anders: Jede Großfamilie oder Firma hat ein Postfach und holt die Post schön brav selbst ab.
Ob ich jetzt doch mal den Versuch wage, mir ein paar Bücher via Amazon zu bestellen? Und wie lange das wohl dauert? Im worst case habe ich halt mal ein paar Euro in den Sand gesetzt. Ein Versuch ist´s wert.
Nachdem ich nun wirklich alle Bücher durch hab, bin ich auf das Medium Hörbuch umgestiegen.
Mein Graszaunbauer Patrick, der nach einigen Irrungen und Wirrungen vorgestern endlich seine Arbeit aufnehmen konnte, wundert sich sicherlich über die verschiedenen Stimmen, die aus meinem Haus kommen – vorrangig in den späten Abendstunden. Dabei sieht er aber immer nur mich ein- und ausgehen…
Wenn demnächst mein Freund von der Immigrationsbehörde vor der Tür steht, weiß ich warum.
Apropos Patrick. Er ist nicht nur mein Zaunbauer, sondern neuerdings auch Security-Guard für den Shop gegenüber. Sehr praktisch.
Sein Lieblingssatz, wenn er mich sieht: „God bless you, Sista! I´m building for you the best Glassfence in town“. Graszaun=Glassfence? Irgendwas stimmt doch da nicht.
Viele Tonga-Muttersprachler haben Probleme das „r“ richtig zu rollen. Das hat gerade am Anfang zu einigen Missverständnissen geführt. Ich habe z.B. „Glassfence“ unreflektiert in meinen Wortschatz übernommen und mich gewundert, warum wiederrum andere nicht verstehen, von was ich gerade spreche.
Mal davon abgesehen, dass sich meine Kollegen grundsätzlich über „the funny German“ wundern. Ich bin nämlich meisterlich im 1 zu 1-Übersetzen von deutschen Sprichwörtern in die englische Sprache. Sozusagen mein linguistisches Spezialgebiet, oft ohne mir über die Auswirkungen bewusst zu sein:
„Guys, if you don´t bring the documents back until next week, I´ll run after you like the devil behind the poor soul“ – „Wie der Teufel hinter der armen Seele her sein“, soll das heißen. Aus großen, fast panikerfüllten Augen blicken sie mir dann entgegen.
Oder: „It comes, how it comes“ – hä?.
“One does, what one can!“ – man tut, was man kann. Nichwah?
Ich kann´s mir nicht abgewöhnen. Aber ich bin dran: Trial makes smart. Versuch macht klug.