Choma, 08. Dezember 2010
gtz-Workshop zum Thema HR Management
gtz-Workshop zum Thema HR Management
Um keine Langeweile aufkommen zu lassen und den Volunteer bis zum letzten Tag „busy“ zu halten, ging es gleich weiter mit der Vorbereitung des lange geplanten Workshops für Council-Executives aus der Süd-Provinz und einigen Direktoren aus dem Ministry for Local Government and Housing.
Natürlich alles im Rahmen der Dezentralisierung und zum Thema Human Resources Management.
Den Workshop habe ich mit Alick, dem neuen HR-Advisor aus meiner Nachbarstadt Choma und Basil Mweempwa, dem HR-Spezialisten der gtz (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) vorbereitet und durchgeführt. Ziel war es, gemeinsam die Teilnehmer zu der Erkenntnis zu führen, dass zukunftsorientiertes, dezentralisiertes und modernes Management nur mit einem vernünftigen HR-Management und der Bereitschaft für Veränderungsprozesse funktioniert.
Außerdem haben Alick und ich es uns zur persönlichen Mission gemacht, die Herren und Damen einmal mit den Ungerechtigkeiten, Unlogik und Absurdität der Conditions of Service (soz. Arbeitsbedingungen und Konditionen in Lokalverwaltungen) zu konfrontieren. Wir waren sehr gespannt, wie man „unter sich“ mit diesem Thema umgeht und ob wirklich allen bewusst ist, was in diesem Regelwerk eigentlich geschrieben steht.
Die gtz ist seit Jahren im Auftrag der deutschen Bundesregierung im Rahmen des Dezentralisierungsprozesses (SDI) zusammen mit der sambischen Regierung aktiv.
In dem Zusammenhang versucht man schon lange, das Ministerium davon zu überzeugen, endlich HR-Spezialisten in den Councils zu platzieren, da die Administration-Departments mit dem Thema komplett überfordert sind.
Das ist zwar nicht auf taube Ohren gestoßen (schließlich wissen die Herren Direktoren und Minister auch, wo der Hase läuft), man hat aber eigentlich nichts unternommen, hier Abhilfe zu schaffen.
Es wird nur ein „Strategieplan“ nach dem anderen veröffentlicht – eine Menge Papier wird produziert – aber passiert ist bisher wenig.
Dieser Workshop war jedoch zum richtigen Zeitpunkt platziert: Es sind neue Verantwortliche im Ministerium zuständig, die mir alle drei sehr interessiert und motiviert schienen. Alle drei waren von Anfang bis Ende im Workshop anwesend, haben bei den Übungen mitgemacht, kritische Fragen gestellt, Rede und Antwort gestanden. Auch etwas, was ich bisher so nicht in Workshops erlebt habe. Gerade hohe Beamte kommen gerne, kassieren ihre Allowances, schlafen ein Ründchen, verschwinden und waren dann zum Dinner erst wieder gesehen.
Schockiert waren wirklich alle Beteiligten darüber, wie schwach die Kenntnisse über die Conditions of Service provinzweit ausgebildet sind.
Mitarbeiter aller Councils nehmen z.T. seit Jahren keinen Urlaub, weil niemand dieses wahnwitzige Konzept Händeln kann (so hat der Principle z.B. 4,5 Tage Urlaubsanspruch, Management 4 Tage etc.). Diese Tage können, selbst wenn man wollte, unter normalen Arbeitsbedingungen nicht abgetragen werden. Die Büros wären schlicht und ergreifend für Wochen und Monate nicht besetzt.
Dann werden lt. der Conditions noch diverse Benefits zugesagt (schwammig natürlich), für den Fall, dass ein Urlaubsantrag durch geht. Z.B. soll jeder Mitarbeiter Transportkosten für sich und seine gesamte Familie erstattet bekommen, für den Fall, er verreist. Außerdem sollen Gehaltsvorschüsse gezahlt und Gepäcktransportkosten übernommen werden.
Diese immensen Kosten kann natürlich kein Council dieser Welt aufbringen. Und so werden Mitarbeiter einfach gar nicht über ihren Urlaubsanspruch informiert oder Anträge werden konsequent – außer im Management Bereich - abgelehnt.
So gibt es z.B. auch keine klare Regelung, unter welchen Bedingungen ungenutzter Urlaub ausgezahlt werden kann („commutation“). Die Mitarbeiter sammeln teilweise seit Jahren Urlaubstage, in der Hoffnung, nach Ausscheiden oder vor der Rente vom Council alles in Cash umgewandelt zu bekommen. Wunschdenken. Das passiert natürlich nicht, denn die Gesamtverbindlichkeiten ergeben mehr als 9 Mio Kwacha pro Mitarbeiter – bei 74 Mitarbeitern kommen wir hier schon zu einer kaum mehr in Kwacha zu benennenden Summe… – Stand Juli 2010 (danach habe ich aufgegeben, Urlaubstage zu kumulieren)!
Dann kommen wir noch zum Thema Elternzeit (bzw. „maternity leave“) – auch kein faires Vorgehen und in jedem Council anders gehandhabt. Frauen werden einfach nach der Geburt in unbezahlten Urlaub geschickt.
Auch heiße Themen: Eingruppierung in eine der drei Divisions = Grade: Durch Zufall haben wir erfahren, dass es eigentlich vier Divisions gibt – auch ein Unding. Rentenansprüche sind ungeklärt, Arbeitsschutzmaßnahmen werden nicht eingeleitet, etc.
Ein Fass ohne Boden, das aber mal irgendwo angepackt und verbessert werden muss.
Wir haben zu Anfang ein Quiz zu arbeitsrechtlichen Themen gestartet – mit faszinierenden und sehr kreativen Antworten…aber weit weg von der Realität. Alick hat das gut auf den Punkt gebracht (ich liebe englischen Humor!): „These guys are off with the fairies…“. Wahre Worte…
Alick hat sich intensiv dem Thema Zielsetzungen und Arbeitspläne gewidmet. Auch spannend. Ziele (Objectives – ein gerne und oft gebrauchtes Wort)? Und dann auch noch konkrete? Reicht es denn nicht zu sagen: 1. Objective: Improving the garbage collection within the next 200 years?
Ich hatte Übungen zu meinen Lieblingsthemen „Appraisals“ und Kommunikation im Gepäck und Basil hat uns allen eine schöne Zusammenfassung geliefert.
Einer der besten und „augenöffnensten“ Workshops, die ich bisher erlebt habe.
Wir drei waren zwar danach fix und fertig, aber auch sehr stolz auf unser Ergebnis.
Ich glaube, dass die Zusammenarbeit zwischen gtz und VSO dadurch noch stärker wächst und man den gegenseitigen Mehrwert schätzt.
John leistet seinen gigantischen Beitrag zur Modernisierung des Finanzmanagements, Alick und ich beackern Change-Management und unser „Neuer“ – Ivo, ein junger IT-Spezialist aus der Schweiz – wird sich dem Thema Netzwerk und Wissens-/Filemanagement widmen. Wenn das alles in seiner geballten Ladung nicht die Bedingungen der Bürger verbessert und die alten Strukturen aufweicht, weiß ich auch nicht mehr, was wir hier noch machen sollen…