Mittwoch, 14. Juli 2010

Arbeiten für ein Local Governement

Local Governement = Attraktiver Arbeitgeber?

Spätnachmittags kündigt sich Elester von der gtz (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit mit Sitz in Eschborn) an. Sie ist auf dem Weg nach Mazambuka und könnte kurz in Kalomo vorbei schauen. Ja, warum nicht? So lernen wir uns mal persönlich kennen.


Elester weiß um die Probleme, die die öffentliche Verwaltung haben und geht mit meinen Plänen konform. Sie gibt am Ende schließlich die Entwurfsvorlagen an das Ministerium weiter – da sollte man zumindest einer Meinung sein…

Vor allem ist es für mich wichtig, aus der Makroperspektive zu erfahren, wo die Problematik einer landesweit einheitlichen Einführung einer HR Policy liegt:

Seit über 20 Jahren versuchen die Verwaltungseinheiten Gelder und Zuschüsse für ein Human Resources Management zu bekommen, was bisher aber immer vom zuständigen Ministerium abgelehnt wurde. Man hat von oberster Stelle nie die Notwendigkeit eines vernünftigen Personalmanagements gesehen.

Seit der Dezentralisierungswelle hat sich die Sichtweise etwas, wenn auch nicht gänzlich, geändert: Je mehr Verantwortung in den Händen der örtlichen Kommunalverwaltung liegen soll, desto wichtiger sind gute Strukturen, Nachfolgeplanung, Rekrutierungsstrategien, Mitarbeitermotivation, Leistungsüberprüfung, etc.

Die gtz unterstützt die Ministerien seit Jahren bei der Einführung/Umsetzung der Dezentralisierung. Trotzdem fließen Budgets immer wieder in andere Kanäle und dienen nicht dazu, bspw. einen HR-Verantwortlichen einzustellen.

Die neue Strategie der gtz ist es jetzt, Mitarbeiterzufriedenheit in den Vordergrund zu stellen und die Ministerien mit ihren Versäumnissen der letzten Jahre zu konfrontieren. Man erwartet niederschmetternde Ergebnisse aus den einzelnen Teams, die evtl. wachrütteln könnten.

Und tatsächlich: Local Governements sind alles andere als attraktive Arbeitgeber:

- die Bezahlung ist miserabel – so verdient ein Head of Department z.B. in Kalomo gerade einmal 1,5 Mio Kwacha = ca. 250 Euro. Das Grundgehalt ist eine Katastrophe und wird durch alle möglichen Allowances (Sonderzahlungen) aufgestockt. Eine probate Möglichkeit, Steuern zu umgehen: Steuerpflichtig ist ein Gehalt nur, wenn es 800.000 Kwacha Brutto monatlich übersteigt.

Da ein Manager-Brutto gerade einmal ca. 750.000 Kwacha verdient und alles andere über steuerfreie Sonderzahlungen läuft, muss man sich nicht wundern, warum das System am Boden liegt.

Hingegen fragt sich der Normalbürger zu Recht: Warum sollte ich Steuern zahlen, wenn diese doch in zwielichtigen Quellen versickern und nur in geringem Ausmaß der Bevölkerung zugutekommen?

Und da sind wir schon wieder beim Thema Korruption und dem ständigen Teufelskreis der Selbstbereicherung…

In der freien Wirtschaft sieht die Bezahlung natürlich anders aus: Hier kann z.B. ein Architekt um die 9 Mio. Kwacha verdienen. Warum sollte also ein junger Ingenieur für eine Behörde arbeiten?

- Die Führungsebene ist verstaubt und sehr hierarchisch aufgebaut. Von modernen Führungsmethoden und Karriereplanung wollen die meisten C.S. nichts hören.

- Viele Stellen werden mit und über Beziehungen besetzt, was eine vernünftige Personalplanung und auch disziplinarische Maßnahmen erschweren.

- Das Thema Urlaub ist mit Vorsicht zu genießen. Je nach Hierarchieebene hat ein Mitarbeiter des Councils bis zu 4,5 Tage (!!!) Urlaubsanspruch im Monat. Dem niedrigsten Grade stehen 2 Tage/Monat zu. Generell kann aber erst nach einer Unternehmenszugehörigkeit von zwei Jahren Urlaub genommen werden und dann auch bitte mindestens 30 Tage am Stück! Es ist sogar möglich, bis zu 90 Tage Urlaub zu nehmen. Man muss allerdings dann wieder zwei Jahre warten, bis wieder Urlaubsanspruch besteht.

Bezahlter Urlaub (vacation leave) bedeutet auch, das Council ist verpflichtet, den Transport zum Urlaubsziel und die ersten zwei Nächte im Hotel für bis zu 5 Familienmitglieder zu zahlen.

Vacation leave kann man mit drei Monaten Vorlauf beantragen. Benötigt man kurzfristig Urlaub, so kann man bis zu 29 Tage „urgent leave“ bekommen: Hier zählt die volle Woche (incl. Samstag, Sonntag und Feiertagen) und es werden keine Spesen vom Arbeitgeber übernommen. Die definitiv billigere Variante für das Council.

Die meisten Mitarbeiter wollen aber gar keinen Urlaub nehmen, da sie meist kein Geld haben, um zu verreisen. Außerdem ist die Arbeit an sich in der Regel auch nicht so stressig, dass man sich davon erholen müsste.
Daher wird lieber die Auszahlung des Urlaubs (commutation) beantragt: Eine sehr teure Alternative für das Council, da entsprechend hohe Rücklagen gebildet werden müssen. Dieses Vorgehen ist vor allem kurz vor der Rente sehr beliebt. Man geht einfach zehn Jahre nicht mehr in Urlaub (bis auf ein paar urgent leave Tage für Beerdigungen etc.) und lässt sich einfach alles auf einmal auszahlen.
Bei den vielen Urlaubstagen kann man sich vorstellen, welche Zahl da am Ende steht.

Jetzt, wo ich auch hier einigermaßen durchgeblickt habe, kann ich mit dem Management-Team an einer für alle funktionierenden Lösung basteln. Vor allem Urlaubsvertretung ist ein riesen Thema.