Tonga-Männer
Ich will in diesem Blog nicht nur über meine Erlebnisse als Mitarbeiterin in einer Verwaltung schreiben, sondern auch über die Gesellschaft und was mir darüber aus erster Hand berichtet wird.
Sambia hat über 73 Ethnien, die meisten davon sind Bantustämme. Zu den wichtigsten zählen Bemba, Nyanja und Tonga.
Tonga findet man vor allem hier in der südlichen Provinz.
Der Tonga-Mann scheint eine besondere Spezies zu sein: Er ist sehr stolz, hat seine eigenen Regeln, wie er z.B. eine Toilette benutzt und hat vor allem eins, für das ihn wahrscheinlich viele deutsche Männer heimlich beneiden: Mehrere Frauen gleichzeitig.
Polygamie ist hier in Sambia, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern keine Seltenheit, führt aber – man kann es sich vorstellen – unweigerlich zu Problemen.
Sogar meine Büromitstreiterin Milambo, die eine höherwertige Ausbildung absolviert hat, stammt aus polygamen Familienverhältnissen. So hat sie fast 30 Geschwister, von denen sie ein Großteil bisher noch nicht kennengelernt hat.
Ihr Vater, ein Tonga, hat alleine mit ihrer Mutter 4 Kinder. Daneben pflegt er Ehen mit 4 weiteren Frauen und hat noch diverse Nebenverhältnisse, aus denen ebenfalls Kinder hervorgegangen sind. Ein sehr beschäftigter Mann also.
Für die beteiligten Frauen und Kinder ist diese Konstellation aber alles andere als ein Spaß.
So berichtet Milambo, dass sich ihr Vater bisher weder um Frau, noch um seine Kinder gekümmert hat. Die die Mutter, ganz auf sich gestellt, hat die vier Kinder alleine großziehen musste.
Die Gesellschaftsstruktur Sambias sieht leider nicht vor, dass Männer für den Lebensunterhalt der Frau aufkommen. Stirbt ein Mann, so erhalten nicht seine Witwe oder seine Kinder das Erbe, sondern die Söhne seiner Schwester. Ein Mann hat außerdem mehr Verantwortung den Kindern seiner Schwester gegenüber, als seinen eigenen.
In Milambos Fall hat sich der Vater erst wieder blicken lassen, als Milambo gerade fertig mit ihrer Ausbildung war und gerade die Mutter durch tragische Umstände verloren hatte. Völlig mittellos blieben ihr und den drei jüngeren Geschwistern nichts anderes übrig, als zu einer der anderen Frauen zu ziehen und dort zu bleiben, bis sich ein Jobangebot in Kalomo ergab.
Welche Schwierigkeiten sich daraus ergaben, mit einer „Rivalin“ der Mutter und unbekannten, oft verhassten Halbgeschwistern zusammenwohnen zu müssen – auch noch auf kleinstem Raum, kann man sich vorstellen.
Im Gegensatz zu einigen ihrer Halbgeschwister hatte Milambo noch Glück: Die Mutter hatte zu Lebzeiten einen recht gutbezahlten und sicheren Job bei einer Bank und konnte so für jedes Kind eine vernünftige Ausbildung sicherstellen. Andere Kinder, vor allem Mädchen, die nach wie vor in vielen Familien weniger Wert sind, hatten und haben keinen Zugang zum Bildungssystem.
Die Urbanisierung mit all ihren Begleiterscheinungen, weicht dieses Rollenverständnis sehr langsam auf. Frauen in der Stadt heiraten nicht mehr zu früh bzw. werden nicht mehr zu jung verheiratet. Die Anzahl der Kinder in Familien die in der Stadt wohnen, erreicht nicht die hohe Zahl derjenigen vom Land. So hat sich auch Milambo vorgenommen, weder so jung zu heiraten – und schon gar keinen Tonga, noch so viele Kinder zu bekommen.