Sonntag, 11. Juli 2010

Pain in the As Part II und: noch nie war Duschen so schön, wie heute

Kalomo - Livingstone

Freitag, 09.07.2010

Pain in the As Part II


Nachdem ich eeeendlich mit dem “C.S.”, dem Council Secretary gesprochen habe, gibt es für den Chief (übrigens der persönliche Feind meines Mitbewohners John – dazu später mehr) kein Entkommen mehr. Er drückt sich ebenfalls seit Tagen davor, sich mit mir zusammen zu setzen. Mittlerweile habe ich auch einen leisen Verdacht, warum. Sich mit mir über die Implementierung eines HR-Managements zu unterhalten und in das Thema HR Audit einzusteigen, bedeutet Arbeit, Delegierenund sich mit der Organisation auseinander setzen zu müssen.
Mich beschleicht das Gefühl, dass er darauf wenig bis gar keine Lust hat. Immer wenn ich ihn um einen Termin bitte, hat er 1000 wichtigere Dinge zu tun und vertröstet mich auf den Nachmittag oder nächsten Morgen. Aber auch dann hat er nie Zeit.

Wenn ich meine Kollegen über den Tag hinweg bei ihrer Arbeit beobachte, wundert mich aber eigentlich nichts mehr:
Offensichtlich kaum jemand in der Absicht hier, ernsthaft zu arbeiten, sondern jeder versucht, sich die Zeit auf möglichst unterhaltsame Art und Weise zu vertreiben.

So schaut beispielsweise alle fünf Minuten jemand in unserem Büro vorbei, um ein Schwätzchen zu halten. Viele Kollegen sind oft schier unauffindbar oder in irgendwelchen Meetings, die aber gar nicht existieren.
Manchmal kommt auch einer der Chefs, vorbei und fragt nach dem Kollegen XY. Da ich natürlich auch nicht weiß, wo sich aktuell jemand aufhält, zischt man genervt wieder ab.
Keiner der Vorgesetzten scheint aber in der Lage zu sein, mal ein ernstes Wörtchen mit seinen Mitarbeitern zu reden.

Unser Büro hat das Fenster zum Council-Vorhof. Hier ist immer etwas los und alle scheinen schier unendlich Zeit zu haben, sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Was andererseits natürlich super ist: Gestresst ist – im Gegensatz zu unserer Gesellschaft – niemand und ich lerne auf diese Art und Weise schnell alle kennen.

Ein anderer Punkt, der mich wundert: Im Council wird ständig darüber geklagt, man sei an allen Ecken und Enden unterbesetzt.
Aber wenn man sich die Arbeitsweise genauer anschaut, möchte man als Europäer eher den Rotstift ansetzen und rationalisieren.

Ein Beispiel:
Milambos Aufgabe besteht aktuell darin, für zwei Besprechungen die Protokolle zu schreiben. Daran sitzt sie schon seit geschlagenen zwei Wochen und viel anderes zu tun gibt es eigentlich nicht.
Milambo schreibt das Protokoll fein säuberlich nieder (handschriftlich – sie hat keinen Computer), reicht die Notizen dann an die Sekretärin weiter, die alles abtippt. Dann geht das ausgedruckte Protokoll zur Rechtschreibkontrolle zurück an Milambo, es werden Korrekturen vorgenommen, und erst dann wird es an den Chief oder einen der anderen Manager zur Freigabe weitergereicht. Falls es etwas nachzubessern gibt, geht das Spiel von vorne los. Wenn alle ihr OK gegeben haben, geht der Protokollentwurf zur Assistentin des C.S., sie reicht es weiter und erst wenn er zufrieden ist, geht es an alle Beteiligten raus.
So dauert es ewigst, bis man ein Protokoll eines Meetings in den Händen hält.

Dann zu einem meiner absoluten Lieblingsthemen: Meetings.
Meetings finden hier übrigens ständig und zu jedem Thema statt. Dazu wird immer schriftlich und vom C.S. signiert, eingeladen. Die wenigsten Meetings starten aber zur verabredeten Zeit. John und ich, wir sind i.d.R. die einzigen, die einigermaßen pünktlich aufschlagen. Auch wir haben es uns abgewöhnt, punktgenau irgendwo zu erscheinen.
Von „Meetingkultur“ ganz zu schweigen: Wenn das Telefon klingelt, nimmt man den Anruf selbstverständlich an, jeder kann jederzeit rein- und auch wieder raus spazieren, manchmal werden zwischendurch Essen und Getränke mit viel Geraschel und Geklappere reingebracht und schnell noch eine SMS schreiben, sollte auch immer noch drin sein.

Tische, an denen man sich auf Augenhöhe gegenübersitz, sind schier nicht existent (außer im großen Besprechungsraum, der aber nie genutzt wird). Während man selbst beim Gespräch auf einem weichen Sofa einsinkt, sitzt das Gegenüber am Schreibtisch vor einem Berg von Akten. Super Gesprächsatmosphäre. Es hat immer etwas von Bittstellerei.

Was unser Council allerdings, wenn ich mich so umhöre, von anderen Behörden zu unterscheiden scheint: Die meisten Mitarbeiter erscheinen morgens wenigstens zur Arbeit.
Viele Volunteers berichten von leeren Büros und von schlichtweg verschwundenen Kollegen.

Ich werde in einem der nächsten Blogs ein wenig zum Thema Arbeitsrecht und vor allem zum Thema Urlaubsanspruch berichten.

Jetzt ist aber erst mal ….
…. WOCHENDENDE!!!

Es geht mit dem 16 Uhr Bus (natürlich dem blauen der Family) nach Livingstone.
Ich hatte mit den anderen Volunteers und Leuten vom DED verabredet, dass wir zusammen Fußball gucken. Immerhin spielt Deutschland um den dritten Platz…

Bei bestem Wetter komme ich in meiner Lieblingsstadt an und erledige erst mal alle Einkäufe bei Shoprite: Käse in allen Variationen, Pfanne, Wäscheleine, Putzzeug, Klobürste, Toaster, Müsli, Joghurt und was man sonst noch so braucht.
An alle zukünftigen Volunteers: Bringt Euch eine Ladung guter alter Abus-Schlösser mit! Hier gibt’s nur chinesische Schrottware zu horrenden Preisen! Hätte mir das mal vorher jemand gesagt…
Blättere hierfür mal wieder einige hunderttausend Kwacha hin, aber ohne ein wenig Grundausstattung geht es nicht.

Im Anschluss an meinen Shopping-Exzess treffen wir uns mit einer Volontärin aus Lusaka, die gerade Besuch von ihrer Mutter hat und Emily, einer Kollegin aus England in DER Pizzaria Sambias, im bereits erwähnten Olgas. Wo sonst.
Übernachten kann ich diesmal bei den Australiern Jacinta und Kristen.
Und das Beste kommt noch: Die beiden haben eine Dusche im Haus!!!! Ich drehe durch!!!! Noch nie war Duschen so wertvoll, wie heute…